Positiv überrascht hat uns Phillip Boa in den letzten Jahren vor allem beim Blick zurück: "20 Years Of Indie Cult" zelebrierte er ebenso gekonnt wie die Wiederveröffentlichung seiner klassischen Frühwerke "Copperfield", "Hair" und "Hispanola" - nebst der dazugehörigen Retrospektive auf der Bühne. Dass er aber (trotzdem) lange noch nicht zum alten Eisen gehört, beweist seine neue LP, denn nostalgisch klingt das 15. Boa-Studiowerk überhaupt nicht. Es weht ein frischer Wind auf der Platte, der Minimalismus des Vorgängerwerks ist einer neuen Vielschichtigkeit gewichen, die zuvor allgegenwärtige Nähe zum Sound der 80er ist wie weggeblasen. Das Album klingt streckenweise fast unerwartet (aber willkommen) modern, ohne deshalb alte Voodooclub-Markenzeichen zu verfälschen. Der Grund dafür ist, dass Boa in der Entstehungsphase von "Faking To Blend In" mehr denn je gewillt war, Verantwortung abzugeben und viele Entscheidungen beim Arrangieren und Produzieren in fremde Hände zu legen. Tobias Siebert von Klez.E und Delbo stand Boa dabei am Mischpult zur Seite.
Er nahm nicht nur auf die Gestaltung und den Sound der Songs großen Einfluss, indem er beispielsweise einigen Stücken ausgezeichnete, wenngleich eher Boa-untypische Backing Vocals hinzufügte, gemeinsam mit seinem Schlagzeuger Florian Lüning spielte er auch einen Großteil der Musik ein. Einen jungen Produzenten wie Siebert (selbst übrigens ein großer Fan der alten Voodooclub-Sachen) für das Album gefunden zu haben, sieht Boa als absoluten Glücksgriff an, gelang es den beiden doch, ein gutes Stück weit zur ursprünglichen Idee des Voodooclubs zurückzukehren, nämlich schlicht und ergreifend anders zu klingen als andere Bands. Genau das gelingt ihm mit "Faking To Blend In" (einmal mehr) ganz ausgezeichnet.