Nur nicht vom zeitlos scheußlichen Cover abschrecken lassen. Oder von "Nessun Dorma" auf der Tracklist. Oder davon, irgendwo gehört zu haben, dass Jeff Beck auf seiner neuen Scheibe mit vollem Orchester spielt. Tut er - auf einigen Tracks -, aber das macht "Emotion & Commotion" jottlob nicht zu "Ochestral Tubular Bells". Der ewige Geheimtipp, Musician's Musician und für manche der größte lebende E-Gitarrist beeindruckt auch mit seinem ersten Studioalbum seit sieben Jahren wieder mal wieder so sehr, dass es tatsächlich nicht ganz leicht fällt, passende Worte für diese Eindrücke zu finden.
Die zarte Benjamin Britten-Komposition "Corpus Christi Carol" weckt die ersten Emotionen-Begeisterung über den unverwechselbaren Ton des Briten, seine innige Interpretation und das Hexenmeisterwerk an Slide-Ins mit Vibratohebel, das hier aufflackert. Nahtlos geht dies über in das Wah Wah-Intro des voll orchestrierten, von Becks Zeit mit der Jan Hammer Group inspirierten "Hammerhead", das von einem wahren Höllensolo geziert wird. Still und fast nachdenklich hingegen "Never Alone", gefolgt von "Over The Rainbow". Ja, genau dém "Over The Rainbow", Wizard Of Oz und so... Beck gelingt hier m.E. die zauberhafteste Anverwandlung des ohnehin schwer verwüstlichen Klassikers seit der Fassung von Rio Reiser.
Während bislang "nur" Becks Strat gesungen hat, aber in einer Weise, dass man kaum realisierte, ein Instrumental nach dem anderen zu hören, singt nun Joss Stone ihre "dirty" Version von "I Put A Spell On You" von Screamin' Jay Hawkins. Becks Solo ist ein eleganter Tanz zwischen den Polen Respekt vor dem Original und eigenem Stil. Den Bass bedient hier ausnahmsweise mal Pino Palladino und nicht die sehr zauberhafte Tal Wilkenfeld. Auch das etwas schematische "Serene" bereitet einer Sängerin die Bühne, nämlich Olivia Safe. Im normalen Leben singt sie Koloratursopran in der Oper, für "Serene" aber setzt sie nur einige wenige, nichtsprachliche Akzente. Prominenter ist ihre klare, Stimme auf dem abschließenden "Elegy For Dunkirk", von Beck in eine Art "Where Were You" verwandelt, dem sie eine fast filmmusikalische Tiefe verleiht.
"Lilac Wine" von James Shelton leiht Imelda May ihre hier ein wenig an Jennifer Warnes erinnernde Stimme. Nach dieser akustischen Streicheleinheit tut auch "Nessun Dorma" nicht mehr wirklich weh, zumal Beck und Orchester aus dem alten Turandot-Schmachtfetzen neue Funken zu schlagen verstehen. Man will es eigentlich abgegriffen finden, findet sich stattdessen aber doch fasziniert. Dieses "Nessun" ist jedenfalls weit weniger pompös als das von Uli Jon Roth ("Bridge To Heaven") ausgefallen. Fehlt uns nur noch die zweite Nummer mit Joss Stone - "There's No Other Me", mit besonders trickreichem Schlagwerk von Vinnie C.
Mit dem orchestralen Arrangements greift Jeff Beck einerseits einen Vorschlag von Beatles-Produzent George Martin wieder auf, den er damals nicht verfolgt hatte, andererseits setzt es eine Bearbeitung von Gustav Mahlers 5. Symphone. Das Album wurde Ende letzten Jahres in London mit Steve Lipson und Trevor Horn als Produzenten aufgenommen. Zur festen Besetzung gehörten Vinnie Colaiuta (drms), Jason Rebello (key) und Tal Wilkenfeld an Bass und Liebreiz.
Die unbedingt empfehlenswerte Digipak-Version enthält eine Bonus-DVD mit bisher unveröffentlichten Live-Mitschnitten des Crossroad-Festivals 2007. Fünf der sechs Performances auf der DVD waren bisher für das Publikum unzugänglich, nämlich "Brush w/Blues", "Stratus", "Nadia", das Reggaemental "Behind The Veil" und John Lennons "A Day In The Life", für dessen Interpretation Beck im Februar einen Grammy entgegennehmen konnte. Die Aufnahmen zeigen die Band in prächtiger Spiellaune und fügen die optische Dimension u.a. mit einer Frau Wilkenfeld hinzu, die so geradezu irritierend attraktiv wie eine unfassbar gute Bassistin ist, aber das klang ja bereits an...