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Webb Brothers - Maroon

Webb Brothers - Maroon
WEA
Format: CD

Eine anhaltende Welle des Misserfolges in ihrer amerikanischen Heimat trug die beiden Chicagoer Brüder Christiaan und Justin Webb in das ferne Europa hinüber. Nach 'Beyond The Biosphere', einem verschönerten Demo aus vergangenen Zeiten erscheint nun mit 'Maroon' der erste reguläre Longplayer auf dem Kontinent. Erste Erfolge in Grossbritannien verzeichnete das Duo bereits im vorigen Jahr, als ihr Erstlingswerk bei 'Warner Music' wiederveröffentlicht sowie zudem noch das Reading-Festival erfolgreich bespielt wurde. Weitere Clubshows folgten und die Band bekam somit ausreichend Möglichkeit, sich im hartumkämpften englischen Musikzirkus zu behaupten.
Überraschend eigentlich, dass der gemeine US-Hörer so freundliches Desinteresse an den Tag legte, kann doch die Musik der beiden uramerikanischer fast nicht sein. Der Spagat hierzulande jedoch gelingt dem Produzenten Stephen Street (Blur, Pretenders, The Smiths) recht gut. Er belässt den Brüdern Webb ihre Ursprünge, fügt nur hier und dort etwas britisches Understatement oder auch Grössenwahn a la Oasis bzw. Phil Spector dazu. Alles in allem aber erinnern sie an vielen Stellen an die süssen Melodien eines Van Dyke Parks ('Orange Crate Art') oder, um es noch deutlicher auf den Punkt zu bringen, an die Beach Boys, wenn diese gerade mal nicht auf den Brettern, die die Surferwelt bedeuten, standen, sondern der Droge Psychedelia fröhnten. Auch, dass in Vaters (Jimmy Webb/US-Komponist) Plattensammlung die Beatles und Pink Floyd standen und die kleinen Webbs diese Scheiben mit Begeisterung hörten, dürfte dem geneigten Hörer nicht entgehen. Es zeigt aber den gleichen Charme, den auch schon vor zwei Jahren Ben Folds Five hatten in der Umsetzung all dieser grossen Einflüsse berühmter Vorbilder. Schliesslich ist das Endergebnis äusserst eigenständig und fördert unter der musikalischen Oberfläche die eine oder andere Überraschung zu Tage.
Steht in den zuckersüssen Melodien die Sonne hoch am Himmel oder gegebenenfalls tiefrot über dem Meereshorizont, so herrscht in den meisten Texten eine eisige, ironische bis bitterböse Stimmung vor. Gleich der Opener 'The Liar's Club' darf durchaus als Abrechnung mit der (amerikanischen) Plattenindustrie durchgehen, verpackt indes in eine Beschreibung nächtlichen Tresentreibens. 'I Can't Believe You're Gone' schlägt genau die gleiche Richtung ein: Fröhliche Melodie, fast zum Mitsingen einladend, bis der Hörbissen im Ohr stecken bleibt und die Botschaft an die Verflossene angekommen ist. 'All The Cocaine In The World' rieselt in die Hirnwindungen wie einst Lennons 'Across The Universe' und bedarf keines weiteren Kommentares.
Beruhigend fast zu verfolgen, dass sie überall die gleichen sind, die Probleme die Männer, Frauen, Liebende und Trinker auf der ganzen Welt bewegen. Schöntrinken des Partners für die folgende Nacht in 'Fluorescent Lights' oder der Tod durch eine x-beliebige Droge in 'Powder Pale' ('I think she had enough for two. I watched her turn to powder blue...') entsprechen nicht im geringsten der musikalischen Vorgabe, bestechen aber durch Wortwitz und Talent zur scharfen Beobachtung der Umwelt. Die anfänglichen Harmonien in 'Can't You See What You Have Done', zum Ende hin durch ständiges Wiederholen zur traurigen Anklage werdend, toppt nur noch das bittersüsse 'Sleep If You Can' am Schluss der Scheibe. Der gute alte Songwritergeist eines Elvis Costello schimmert zwischen den Zeilen hindurch ohne als Plagiat missbraucht zu werden und veredelt somit das Werk.
Das Fazit kann nur lauten: Diese Scheibe erschliesst sich dem Hörer nur dann in ihrer ganzen Tiefe, wenn er sich den Texten hinter der musikalischen Fassade widmet. Allen anderen bleiben immerhin noch ein paar durchaus wunderschöne Melodien für den Spätsommer.


-Michael Kellenbenz-



 
 
 

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