Nick Cave hat sich im Laufe der Jahre sozusagen drei vollamtliche, musikalische Standbeine geschaffen. Da sind hier und stets die Bad Seeds als verlässliche House-Band, Grinderman als Spielweise für Extreme und die Soundtrack-Arbeiten für kontemplativ/symphonische Kontemplationen. Früher fand man all diese Elemente ausschließlich in den Bad Seeds vereint - wodurch die entsprechenden Scheiben allesamt etwas extremer als das neue Werk gerieten. Mit einem vollkommen überarbeiteten Sound-Konzept - für das zunehmend Warren Ellis als Design-Guru verantwortlich zeichnet - und wortgewaltig wie eh und je präsentieren Cave und die Bad Seeds ein Werk, das in vielerlei Hinsicht versöhnlicher und lyrischer geriet als vieles, was davor kam.
Das Werk besteht zu etwa der Hälfte aus düster-balladesken, transparent inszenierter Epen von zerbrechlicher Schönheit und den bewährten, wortreichen Talking-Blues-Elaboraten, die indes auch stärker am Songformat orientiert sind, als man das gemeinhin erwartet hätte. Cave macht sich Gedanken über die Zusammenhänge, aus denen heutzutage alles gerissen zu werden scheint - tut dies aber an konkreten Beispielen und mit konkreten Charakteren. Über allem schwebt dabei der spirituelle Touch des Meisters, der indes hier ganz ohne Drohgebärden und erhobenen Zeigefinder auskommt, wodurch sich Cave somit in gewisser Weise als Stoiker outet. Das für diejenigen, die auf so etwas Wert legen. Alle anderen dürfen sich aber über ein neues Bad Seeds-Feeling freuen, bei dem sich die Band - unter der Leitung von Ellis und seiner Höllenmaschinen - bis zur Unkenntlichkeit ins Gemeinwohl spielt. So organisch und gleichzeitig frei haben die Bad Seeds noch nie geklungen - ohne dabei übrigens in die Beliebigkeit abzugleiten. Es ist halt nur so, dass der Einzelne sich nicht zu profilieren braucht, sondern sein Heil im kommunalen Miteinander sucht. Zu dumm, dass Blixa Bargeld schon lange ausgestiegen ist, der gerade bei dieser Scheibe wieder perfekt ins Gesamtbild gepasst hätte. Dafür gibt Ur-Seed Barry Adamson ein Gastspiel auf zwei Tracks. Für Cave-Eleven (und viele andere) gibt es am Ende eigentlich nichts, was an dieser Scheibe zu kritisieren wäre.