Damals, als sich die Smiths auflösten und Morrissey mit seinen Solo-Scheiben in etwa die Tradition des Quartetts weiterführte, da hätten sich die Fans wohl von Johnny Marr eine Scheibe in der Art gewünscht, wie er sie heute nun endlich vorlegt. Immerhin hatte der Mann mit seiner filigranen Art Gitarre zu spielen eine ganz eigene Stilrichtung mit begründet. Deswegen war es auch ein wenig verwunderlich, dass der Mann im Folgenden sein Heil in Kollaborationen, der zweiten Reihe oder als graue Eminenz suchte. Selbst ein erster Versuch in eigenem Namen - damals mit den Healers - musste in Bezug auf die Erwartungen an ein solches Werk als eher unterschwellig erfüllt bezeichnet werden. Nun tut Marr so, als habe es die letzten 20 Jahre sozusagen nicht gegeben und fährt eine Scheibe auf, die als gutgelauntes, energisches und spielfreudiges, britisches Pop-Wunderwerk in die Geschichte eingehen wird.

In der Art seiner ehemaligen Mutterband betätigt sich Marr als vergleichsweise vielseitiger, aber auch emsig agierender Rhythmusgitarrist - dreht allerdings heutzutage die Verstärker bis zum Anschlag auf, weswegen das neue Material deutlich mehr rockt als das die Smiths je getan haben. Natürlich ist der Sänger Marr im Vergleich dazu kein zweiter Morrissey - aber das dürfte auch niemand erwartet haben. Es geht also auf dieser Scheibe alleine um die musikalische Bravour und den Verve, mit der Marr hier einen potentiellen Power-Pop-Hit nach dem anderen einlocht. Auch, wenn er das Gaspedal mal ein wenig loslässt, haben die betreffenden Tracks immer noch Biss und Punch. Obwohl es sich nominell nicht um eine Rockscheibe handelt, ist "The Messenger" dennoch nichts für Weicheier. Hier agiert ein selbstbewusster Johnny Marr mit jugendlicher Frische und macht dabei - auch in direktem Vergleich mit seiner eigenen Legende - keine schlechte Figur.