Um es gleich zu sagen: Scheiben wie dieses bezaubernde, melancholische Folk-Kleinod gibt es grundsätzlich eigentlich wie Sand am Meer. Nur kommen sie normalerweise von der englischen Countryside, den amerikanischen Appalachen oder der kanadischen Westküste - und nicht aus Berlin. Die klassisch ausgebildete, Straßenmusik-geschulte, Bluegrassmusikerin, versierte Songwriterin und gewesene Bandleaderin und Lehrerin Lotta St Joan machte für ihr Solo-Debüt sozusagen einen Schritt zurück und nahm ihr Album mit minimalem Aufwand mit Stimme, Gitarre und ein wenig Piano im heimischen DIY-Studio auf und legte es als "intimes musikalisches Tagebuch" an.

Das erklärt dann vielleicht auch die melancholische Note, die sich wie ein roter Faden durch die von einem gewissen Laurel-Canyon-Flair getragenen Songs über Selbstzweifel, Sehnsüchte, verpasste Chancen, Trauer und andere autotherapeutisch verwertbare Seinszustände zieht. Diese präsentiert Lotta emotional, aber mit einer gewissen stoischen Distanz und großer Klarheit. Die oft in diesem Zusammenhang zu beobachtende Tendenz zum Lamentieren weicht dabei also einer nachvollziehbaren, authentischen Akzeptanz. Traumtänzerei ist nicht so Lottas Ding - so richtig depressiv wird es aber auch nicht, denn ein Hintertürchen zum Silberstreif am Horizont hält sich Lotta stets offen - musikalisch meist angedeutet mit einem melodischen Schlenker wie z.B. im Falle ihrer Debüt-Single "Oh Boy". Wer also gerade nach einer perfekten, sonorientierten Folk-Scheibe mit sachtem Pop-Flair sucht, der braucht ausnahmsweise mal nicht in die Ferne zu schweifen.