Europäische Songwriter, die sich aufgrund ihrer genetischen musikalischen Disposition in die USA aufmachen, um dort ihr Dasein zu fristen und ihre kreative Erfüllung zu finden, gibt es ja so einige. Die umgekehrte Richtung - wie sie z.B. der zur Zeit in Wien residierende Ian Fisher aus Missouri einschlug - ist hingegen nicht so gebräuchlich. Und wenn es Amerikaner gibt, die diese Richtung einschlagen, widmen sich diese dann auch in unseren Breiten konsequent dem musikalischen Erbe ihres Heimatlandes. Bei Ian Fisher liegt die Sache ein wenig anders, denn wenn der Mann, der eine seiner älteren Scheibe schon mal "Koffer" nannte, sein neues Album "American Standards" nennt, dann nicht deswegen, weil er damit seine Musik kategorisieren möchte, sondern weil er einen weiteren Witz mit seinem Publikum macht - denn die hier besungenen "American Standards" beziehen sich auf eine Toilettenmarke.

Musikalisch lässt sich Fisher auch auf diesem neuen Album nämlich genauso stark von britischen und europäischen Musiktraditionen inspirieren, wie von seiner musikalischen Prägung durch die Country-Scheiben in der Plattensammlung seines Vaters. Tatsächlich bietet Fisher - unterstützt von Produzent René "Pressyes" Mühlberger - auf diesem Album recht wenig lamentöse Folkseligkeit, Lagerfeuer-Romantik oder Country-Romantik wie man sie von einem US-Songwriter erwartete, sondern präsentiert einen gesunden Mix aus Power-Pop, Beat-Swing und klassischem Gitarren-Pop. Kurz gesagt, ist Fisher den Beatles hier geistig näher als z.B. den Byrds. Nur was die Lyrics betrifft, bezieht sich Fisher - selbstironisch augenzwinkernd und mit einer dezidiert sozialkritischen Note, auf die Verhältnisse und Geschichten über und aus seiner alten Heimat.