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Marianne Faithfull With Warren Ellis - She Walks In Beauty

Marianne Faithfull With Warren Ellis - She Walks In Beauty
BMG Rights Management/Warner Music
Format: LP

Eigentlich ging es Marianne Faithfull ja nur darum, sich einen Jugendtraum zu erfüllen, und ein Projekt in Angriff zu nehmen, in dem sie ihre Faszination mit den Dichtern der britischen Romantik an der Schwelle zum 19. Jahrhundert zum Ausdruck bringen wollte, die ja gemeinhin und zu recht als die ersten Popstars der Historie gelten. Sie begann dann also, ausgewählte Gedichte von Lord Byron, Thomas Hood, John Keats, Percy Bysshe Shelley, Tennsyon und William Wordsworth einzusprechen - und dann kam die Pandemie ins Spiel. Marianne selbst erkrankte an Covid, musste ins Koma versetzt werden und kämpfte Wochenlang um ihr Leben. Zum Glück überlebte sie aber nicht nur, sondern erholte sie sich soweit, dass das Projekt dann weitergeführt werden konnte. Mit Unterstützung des Produzenten Head - der die Bänder mit den Aufnahmen an Mariannes alten Kumpel, Warren Ellis zur musikalischen Weiterbearbeitung weiterreichte - nahm die Sache im Lockdown dann Fahrt auf. Ellis ließ das Material auf sich wirken (um sich mit dem archaischen Sprachgebrauch der Romantiker vertraut zu machen) und lud Nick Cave, Brian Eno und den Cellisten Vincent Ségal ein, ihn wiederum zu unterstützen, als es daran ging, eine geeignet musikalische Umsetzung zu generieren. Das Ergebnis ist ein - teilweise improvisatorisch aufgefasstes - unkonventionelles Sounddesign mit organischen und elektronischen Bestandteilen, das die mit erkennbar brüchiger Stimme vorgetragenen Lesungen Mariannes ambientmäßig und wolkenartig zu umschmeicheln scheint, ohne dabei in konventionellen Songformaten zu verharren - was aufgrund der zuweilen ausufernden Epik des Materials aber sowieso ausgeschlossen gewesen wäre.

Warum aber interessierte sich Marianne so sehr für die britischen Romantiker? Vermutlich wegen der Parallelen zu ihrem eigenen Leben, denn die genannten Poeten galten zu ihren Lebzeiten im viktorianischen Großbritannien eher als Punks, die oft von der Kritik gar nicht so wohlwollend betrachtet wurden - aber durch den leicht morbiden Ansatz ihrer oft auf klassischen Tragödien basierenden, ausufernden Oden an die dramatischen Aspekte von Beziehungsgeflechten im Nachhinein oft einen legendären Nimbus entwickelten. Die Erfolgreicheren dieser Zunft (wie Lord Byron) erreichten - auch durch ihren exaltierten Lebensstil als durchgeknallte Bonvivants - schon zu Lebezeiten den Status von Bad-Boy-Pop-Stars, die erfolglosen (wie John Keats) endeten oft frühzeitig durch tragische Umstände, was ihren Gedichten dann für die Nachgeborenen zusätzlichen Reiz verlieh.


-Ullrich Maurer-



 
 
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