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Spellling - The Turning Wheel Sacred Bones/Cargo
Format: LP
Irgendwie hat es Chrystia Cabral geschafft, sich für ihr drittes Album als Spellling gleichzeitig zu konsolidieren, wie auch gegenüber den letzten Scheiben noch mal eins draufzusetzen. Das hat sie zum einen dadurch erreicht, dass sie das neue Werk in zwei stimmungsmäßig sehr unterschiedliche ausgerichtete Teile spilttete, die sie "Above" und "Below" nennt und zum anderen, indem sie den überquellenden, unsinnigen und unkalkulierbaren Stilmix ihrer letzten Elaborate auf ein erträgliches, wenngleich operettenhaft plüschiges Artpop-Level reduziert hat. Konkret bedeutet das, dass ihre Songs arrangementstechnisch in vaudevillemäßig aufgebauschte Kaffeehaus-, Musical- und eben operettenhafte Opulenz getaucht werden. Die "Above"-Tracks kommen dabei stimmungsmäßig überschäumend lebenslustig und hysterisch daher, während die "Below"-Songs merkwürdig gedämpft, nachtschattig und nachdenklich - und somit irgendwie gewichtiger und ernsthafter erscheinen. Dazu tänzelt Chrystia als Vokalistin mit meist heliumleicht herumflatternder Kinderstimme durch ihre dramatisch übersteigerten, musikalischen Traumwelten und lässt sich dabei zuweilen von gestaffelten Elfenchören unterstützen.
Musikalisch ist sie indes - dank des sorgsam strukturierten Spannungsbogens ihrer neuesten Glam & Kook-Pop-Oper und des im Vergleich wenige fragmentarischen Ansatzes - dieses Mal ein gutes Stück erwachsener geworden. Und noch eines muss attestiert werden: Dass es Chrystia gelang, unter Lockdown- und Pandemie-Bedingungen ein dermaßen dicht gewebtes, kohärentes Gesamtkunstwerk mit unzähligen Beteiligten zusammenzuschrauben, macht sie zu einer ganz großen Regisseurin im Pop-Zirkus.
-Ullrich Maurer-
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