"I Love Singing" heißt das Motto von Shaye Zardavecs Facebook-Profil - und das nicht zufällig, denn die junge Dame aus Calgary in der kanadischen Provinz Alberta gehört zu einer Spezies von Musikerinnen, die man heutzutage - außer im Jazz und der Popmusik - gar nicht mehr so oft antrifft. Denn obwohl Shaye gelegentlich den einen oder anderen eigenen Song zu Papier bringt, sieht sie sich vornehmlich als Interpretin/Sängerin. Auf ihrem Debüt-Album hat sie sich als Setting Old-School-Country-Pop-Musik mit klassischem Touch ausgesucht. Und damit ist ausdrücklich nicht das gemeint, was in Nashville als Country-Pop bezeichnet wird, sondern jene leichtfüßig/transparente Outlaw-Melange mit Roy-Orbison-, Merle Haggard- oder Willie-Nelson-Touch, die sich Mitte der 70er etablierte. Das gilt aber NUR für das Setting, denn ihr Material fand Shaye u.a. bei Jesse Winchester, Lynn Miles, Paul Westerberg oder Jay Farrar - die allesamt auch nicht dem Country-Setting abgeneigt sind, aber dieses nicht hauptberuflich anstreben. Das ist ein geschickter Schachzug, denn dadurch ist die Versuchung nicht so stark, Shaye mit Loretta Lynn oder Patsy Cline vergleichen zu wollen. Stattdessen darf ihr ein immenses Einfühlungsvermögen und eine betont emotionale Art des gesanglichen Storytellings attestiert werden. Aufgrund dessen, dass das Album von dem norwegischen Produzenten Goran Grini betreut wurde, ist Shaye wohl ausgerechnet in Skandinavien auf dem besten Wege, ein echter Genre-Star zu werden. (Die Scheibe erschien erstmals bereits 2020.) Schade, dass Country-Swing nicht gerade die richtige Musik ist, um hierzulande die Massen zu begeistern, denn "Now And Then" ist eine ziemlich makellose Scheibe dieser Art.