Ob die Songs auf dem nunmehr fünften Album des Berliner Weird-Folk-Projektes My Sister Grenadine wirklich der Stoff ist, aus dem der Schlaf gemacht wird, muss noch kontrovers diskutiert werden. Denn Musik, die sich zum Schlafen eignet (wie z.B. Max Richters "Sleep"), müsste ja irgendwelche Qualitäten haben, die das Schlafen überhaupt erst ermöglichten - und das ist bei dem nervösen, unerbittlichen Gezupfe, das insbesondere durch Mastermind Vincenz Kokots Gebrauch diverser akustischer Saiteninstrumente entsteht, weitestgehend eben nicht der Fall. Sei es drum: Auf dem neuen Album ging es auch nicht wirklich darum, Wiegenlieder oder Dreampop zu erschaffen, sondern "die intensiven Monate seit Ausbruch der Pandemie im Zusammenspiel von inneren Landschaften und äußeren Gegebenheiten zu erkunden". Zusammen mit seiner musikalischen Partnerin Frieda Gawenda tut das Vincenz Kokot auf eine betont reduzierte und spröde/trockenen Art, die das Gefühl der Isolation während der Lockdown-Phase anschaulich verdeutlicht. Interessanterweise erweiterten My Sister Grenadine dabei ihr Spektrum, indem sie - wie zuletzt Masha Qrella - erstmals auch auf deutschssprachige Gedichte von Thomas Brasch zurückgriffen. Freilich wirken gerade diese Experimente in einem solch reduzierten Setting eher unfreiwillig komisch, denn fast unweigerlich wartet der Hörer hier dann doch irgendwann auf ein "Hurz" Kerkelingscher Prägung.