Katie Henry hat einen großen Vorteil: Sie kommt nämlich nicht - wie so viele ihrer Kolleg(inn)en aus dem Süden der USA, sondern aus New Jersey. Warum das von Bedeutung ist? Nun, weil Katie eine Blueserin ist, während New Jersey zum Rockland, USA gehört. Und die Gute mag wohl über die Blues-Clubs in NYC (von denen es Unmengen gibt) zu Ruhm und Ehren gekommen sein, aber auf ihrem zweiten Album zeigt sie, dass sie weit mehr drauf hat, als Blues-Riffs aus der Gitarre zu schütteln (zumal sie zudem auch Tasteninstrumente spielt). Unter den zehn Eigenkompositionen finden sich neben Blues dann somit alle möglichen Stile - darunter Boogie, Shuffle, Country, Southern Swing, Gospel und natürlich Rock und Jersey-Soul - die Katie lediglich dem Sentiment nach als Blues-Gospel auffasst. Unterstützt von dem Slide-Gitarristen Antar Goodwin (der auch Bass spielt und mit ihr zusammen die Tracks schrieb) und dem britischen Mundharmonika-Virtuosen Giles Robson (der den einzigen wirklich puristischen Blues-Track "Too Long" veredelt) erschuf Katie Henry mit "On My Way" schlicht eine brillante, songorientierte Americana-Scheibe mit mehreren attraktiven, potentiellen Genre-Hits. Dass Katie Henry und ihre Band die Möglichkeit hatten, das Album während der Pandemie live zusammen im Studio einzuspielen (nun ja: Wenigstens die Basis-Tracks), ist ein dicker Pluspunkt. Hört man sich die Texte der jungen Dame an, die mehr oder minder vom rastlosen Herumirren und der Suche nach etwas inspiriert zu sein scheinen, darf angenommen werden, dass die musikalische Entwicklung auch noch nicht abgeschlossen ist. Kurzum: Katie Henry ist ein Name, den sich alle Americana-Freunde merken sollten (und nicht nur die Old-School-Blueser).