Nicht zuletzt aufgrund ihrer bewegten Vergangenheit, ihren Sucht- und Depressions-Problemen und ihrer Rolle als LGBTQ-Aktivistin hat sich Sarah Shook seit ungefähr 2010 einen Namen als Leitfigur der ja lange Jahre brach liegenden Cowpunk-Szene etabliert. Das meint in ihrem Fall, dass sie sich als Songwriterin sicherlich an den Traditionen klassischen Country-Storytellings orientiert und auch nicht abgeneigt ist, das Genre musikalisch als Basis herzunehmen, aber - nicht zuletzt aufgrund der Beiträge ihres Gitarristen Eric Petersen, der auch in ihrer nunmehr dritten Band The Disarmers ein wesentlicher Bestandteil ist - stets auch ziemlich raue Rock-Elemente in ihrer Musik einbaut. Während ihr zweites Album "Years" von 2018 sich diesbezüglich etwas versöhnlicher zeigte, geht es auf "Nightroamer" wieder ordentlich zur Sache, wobei insbesondere der Mix aus klassischen Country-Harmonien und düsteren Grunge- und Indie-Rock-Riffs das eigentliche Faszinosum ausmacht.

Wie der Name des Albums schon vermuten lässt, geht es auf "Nightroamer" nicht eben fröhlich zu - was aber auch nicht zu erwarten war, denn Sarah beschäftigt sich stets mit den nachtschattigeren Aspekten des Daseins. Ihre Welt besteht überwiegend aus toxischen Beziehung, Selbstzweifeln, Desillusionen und unerfüllten Hoffnungen - was aber in kreativer Hinsicht nur von Vorteil sein kann, denn egal wie selbstironisch Sarah musikalische Country-Klischees bemühen mag - Kitsch kann so natürlich nicht mal im Ansatz aufkommen. Aufgrund des Verkaufs des Bloodshot-Labels und dessen ungewisser Zukunft musste sich Sarah ein neues Label suchen, wodurch sich die Veröffentlichung des Albums um ein paar Monate verzögerte. Ohne Frage dürfte sich aber jede Minute des Wartens auf "Nightroamer" für die Fans gelohnt haben.