Dass sich die aus Texas stammende Songwriterin Carson McHone sich auf ihrem dritten Album musikalisch deutlich von ihren Folk- und Country-Roots löst und nun in Sachen faszinierend vielseitiger Rock-Sounds macht, hat nur teilweise damit zu tun, dass sie das Werk - bis auf einige Keyboard- und Saxophon Vignetten - alleine mit Daniel Romano in Kanada einspielte, sondern damit, dass sie sich hier keine Stories über Loser und Außenseiter mehr ausdenkt und auch mit der Selbstfindungsphase abgeschlossen hat und sich stattdessen den Realitäten des Lebens stellt. Einerseits, weil sie das Werk natürlich im Pandemie-Modus einspielen musste und andererseits, weil sie mit einem erweiterten Anspruch als Songwriterin an die Sache heranging und die Inhalte ihrer Lyrics auf eine breitere philosophische Basis stellte. Tatsächlich möchte Carson auf diesem Werk die "Zwischentöne des Fegefeuers zwischen Grenzen in einem Bereich, bevor die Klarheit zum Ganzen wird" ausloten. Das kann natürlich nur um den Preis geschehen, dass sie das geradlinige, aber auch ein wenig vorhersehbare Storytelling der frühen Tage aufgibt und sich musikalisch ganz eigene Wege mit einer dezidiert angelegten stilistischen Unschärfe sucht. Besonders deutlich wird die so erzeugte Spannung durch die unkonventionelle Art, in der sich Carson und Daniel Romano auf der instrumentalen Ebene geradezu befeuern, anspornen, duellieren und ergänzen - gerne auch mal laut, rau und elektrisch. Und songwriterisch legt Carson in struktureller, melodischer und harmonischer Hinsicht auch musikalisch mächtig zu. Kurzum: Mit diesem Album katapultiert sich Carson McHone - vollkommen unerwartet - heraus aus der Masse solide, aber konventionell agierender Songwriter-Kolleginnen aus dem Country- und Folkpop-Lager in die Riege der musikalischen Visionärinnen.