Fast zehn Jahre gab es kein Lebenszeichen mehr von Midlake - jener Band aus Denton. Texas, die sich spätestens 2006, mit der Veröffentlichung des zweiten Albums "The Trials Of Van Occupanther", in die Herzen aller Freunde klassischer Artpop und Americana-Prog-Sounds gespielt hatte (falls es solche überhaupt gibt). Nicht eben geradlinig ist die Karriere der Band im Folgenden verlaufen: 2012 verabschiedete sich der Frontman und Midlake-Gründer Tim Smith in die musikalische Obskurität (denn bis heute hat er nichts Wesentliches in Sachen Musik realisiert) und die Band musste sich für ihr 2013er Album "Antiphon" einen neuen Frontman suchen - den sie dann in dem Band-eigenen Gitarristen Eric Pulido auch fand. Nach "Antiphon" gab es dann allerdings die erwähnte Sendepause, in der sich die Bandmitglieder allesamt zunächst mal auf das Familienleben konzentrierten.

Dass es nun wieder ein neues Album von Midlake gibt, hat mit dem inzwischen verstorbenen Vater des Midlake-Keyboarders und -Flötisten Jesse Chandler zu tun. Dazu muss ein wenig ausgeholt werden: Chandler wie auch sein Vater stammen ursprünglich aus dem Örtchen Bethel Woods in Upstate, New York. Und Bethel Woods ist der Ort, an dem dereinst auf Yasgurs Farm das legendäre Woodstock-Festival stattfand. (Der Ort Woodstock selbst ist nämlich erstaunlich weit entfernt von der Festival-Site.) Und auf diesem Festival war Jesses Vater als Fan anwesend. Das Cover des neuen Albums ziert dann auch sein Konterfei, das aus einem Still-Frame des Woodstock-Filmes extrahiert wurde, der während des Auftrittes des zugedröhnten John Sebastian eingefangen wurde. Es war dann ein Traum Jesse Chandlers - in dem diesem der besagte Vater erschien und anriet, die Band Midlake wieder zusammenzutrommeln - der laut Eric Pulido den Anstoß gab, ein solches Unterfangen tatsächlich in die Tat umzusetzen. Ein Thema hatten Midlake somit schon mal gefunden - denn Bethel Woods bzw. Woodstock steht für all das, was ein Mal als gut und richtig erachtet wurde, aber im Nebel der Geschichte verloren ging und nun wieder als erstrebenswert gilt. Das ist jedenfalls der konzeptionelle Unterbau, an dem die meisten der neuen Songs - und natürlich auch der Titeltrack "Bethel Woods" - inhaltlich ausgerichtet sind. Das erklärt dann auf der musikalischen Seite den durchweg melancholischen, nachdenklichen, sehnsüchtigen aber auch betont sanftmütigen Charakter der meisten Songs. Dieser wird auch betont in der anrührenden Ballade "Noble", die dem 2019 mit einer seltenen Hirnkrankheit geborenen Sohn Noble Garrett des Midlake-Drummers McKenzie Smith gewidmet ist.

Nicht zuletzt aufgrund des ausgewogenen, organischen Klangbildes, in dem akustische und elektrische Gitarren-Klänge, organische Keyboards, analoge Synthesizer und Chandlers Flöten-Beiträge zu einer ausbalancierten Melange verquickt werden, erinnert die Sache klanglich an die großen Zeiten des ambitionierten Prog-Pop der 70er Jahre - oder aber an eine andere Legende aus dem Woodstock-Dunstkreis, nämlich The Band zu ihren Hochzeiten in der Phase in der Richard Manuel das Klangbild nicht unwesentlich prägte. Darüber hinaus bleiben sich Midlake in Sachen stilistischer Querdenkerei und struktureller Ambitionen durchaus treu - zeigen sich aber melodisch, harmonisch und gesanglich betont zugänglich. Es wäre faktisch nicht ganz richtig zu sagen, dass sich das lange Warten auf das neue Album gelohnt hätte (weil es ja gar nichts zu erwarten war) - aber tatsächlich ist "For The Sake Of Bethel Woods" das musikalisch, inhaltlich und songwriterisch stärkste und schlüssigste Midlake-Werk geworden.