Ging es auf der letzten Produktion von Cécile Meyer a.k.a. Anna Aaron noch um eine Reise ins Herz der Dunkelheit, so scheint sie auf dem neuen Werk - zumindest stimmungsmäßig - zumindest das Licht am Ende des Tunnels erahnen zu können. Das mag auch am Grundthema des Albums liegen, das Anna als "Herzschmerz-Album in seinen späteren Stadien" (also wenn man mit der Beziehung bereits abgeschlossen hat und sich neu orientiert) bezeichnet. Sei es drum: Auf "Gummy" arbeitet Anna mit Bernard Trontin von den Young Gods zusammen, mit dem sie bereits das Ambient-Projekt "Moonwaves" realisierte. Mit Ambient hat "Gummy" allerdings nichts zu tun, denn Bernard hatte den Auftrag, Annas elektronische Kompositionen in die Welt des Organischen zu überführen. Die Verquickung von Elektronischem und Organischem ist ja seit jeher das Anliegen von Anna - es gelang dieses Mal indes besonders gut. Vermutlich lag der Schlüssel zum Erfolg darin, dass Annas programmierte Beats für ein echtes Drumkit transkribiert wurden, das dann im Studio ihres Bruders Alain Meyer in Basel separat eingespielt wurde. Das verleiht der ganzen Produktion dann eine Lebendigkeit, Direktheit, Nähe und primale Kraft, die Annas bisherigen Werken oft abging. Ebenso ambitionierte wie auch brillante und komplexe Kompositionen und eine dank gestaffelter Backing-Chöre hymnische performerische Präsenz überbrücken dabei mühelos die Distanz zwischen Kopf und Bauch. "Gummy" ist natürlich trotzdem keine Heile-Welt-Scheibe geworden, wie dystopische Drones wie der Opener "Licked" oder der Höllen-Gospel "All God's Good Girls" eindrucksvoll belegen - aber Anna Aaron steht heutzutage mehr im Leben als dass sie im Eskapismus ihr Wohl suchte, wie zu Beginn ihrer musikalischen Laufbahn. Sicherlich ist "Gummy" Anna Aaron bislang stärkste Arbeit - auch wenn zum Verrecken nicht rauszufinden ist, warum es eigentlich - wie der amüsant verspielte Synthie-Pop-Titelsong - "Gummy" heißt.