Der Kanadier Andy Shauf scheint für sich ein Format gefunden zu haben, mit er sich besonders glücklich fühlt. Das ist wohlgemerkt kein musikalisches Format, sondern ein inhaltliches, denn seit er 2016 mit The Party und 2020 mit The Neon Skyline das Konzeptalbum als Mittel der Wahl entdeckt hatte, seine storytellerischen Fähigkeiten auf eine nicht ganz so persönliche Art unter Beweis zu stellen, nutzt er diese Fähigkeiten für die Erschaffung zunehmend elaborierterer, facettenreiche Szenarien und zunehmend schillernderer Charaktere. Sein neuester Titelheld heißt Norm, ein - wie Shauf sagt - zunächst mal sympathisch erscheinender, dann aber zunehmend unheimlicher werdender Typ, den Shauf durch eine zwielichtige, schattenreiche, morbide Albtraumwelt schickt, von der er sich durch David Lynchs "Mullholland Drive" inspiriert sah.

Aber nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch wollte sich Shauf neuen Herausforderungen stellen und produzierte das neue Werk ganz alleine in seinem heimischen Gitarrenstudio. Ebenfalls inspiriert von der David Lynch-Ästhetik legte er viele der neuen Songs in einem jazzigen Lounge-Soul-Setting an, setzte dabei mehr auf Melodie und Harmonie denn auf frickeliges Umeinander. Neben seinem Standard-Instrumentarium (zu dem ja nach wie vor auch Klarinetten gehören) öffnete er sich dieses Mal aber auch elektronischen Elementen und Synthesizer-Sounds gegenüber und griff öfter auf das Piano als Leitinstrument zurück. Auch wenn das Hantieren mit fiktiven Charakteren und Szenarien auch vor allen Dingen deswegen von Interesse für Shauf ist, noch weniger als zuvor schon von sich preisgeben zu müssen, scheint er da auf eine kreative Goldader gestoßen zu sein, die auch für die Zukunft noch jede Menge Potential zu bergen scheint.