|
Atzur - Strange Rituals Seayou/Rough Trade
Format: LP
Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit und durchaus erfolgreich reiht sich das österreichisch/spanische Gespann Atzur in das Genre der Elektro-Artpop Duos ein - das hierzulande ja seit einiger Zeit von dem Leipziger Projekt Ätna dominiert wird. Im Vergleich agieren Atzur vielleicht weniger experimentell (Field-Recordings sind die einzigen produktionstechnischen Gimmicks) und setzen stärker auf Inhalte. Der Titel des Albums "Strange Rituals" bezieht sich nämlich auf die seltsamen Rituale, mittels derer sich Sängerin und Texterin Patricia mit ihren "neurodivergenten Herausforderungen" auseinandersetzt. Denn sie leidet an einer Art nervlich bedingter Hypersensibilität, die es ihr erschwert, sensuelle Reize auszublenden oder zu gewichten. Letztlich sind die Lyrics (meist auf englisch, aber auch auf spanisch vorgetragen) ihre Art, sich selbst musikalisch zu Therapien. Und so spiegeln Songtitel wie "Strange Rituals", "Faithful Believer", "Affirmations (For Better Mental Health"m "Manifesting", "Fuego" oder "Mental Health Walk" diesen Prozess denn auch wider. Musikalisch haben sich Patricia und Paul (die sich auf Tinder kennenlernten) entschlossen, sich nicht einem bestimmten Genre, sondern einer bestimmten Stimmung unterzuordnen. Und so mischen sie elektronische und organische Elemente, um die oft mantraartig verstärkten Texte mit hymnischer Grandezza an die Zuhörer heranzutragen. Dabei greifen sie auf vorangegangene Erfahrung aus anderen Projekten zurück (Patricia agierte zuvor unter ihrem kompletten Namen Patricia Atzur und als Patricia Narbon mit einem Modelabel) und achten darauf, dass sich Melancholia und Pop mit kämpferischer Note die Waage halten.
-Ullrich Maurer-
|