Gaesteliste.de Internet-Musikmagazin



SUCHE:

 
 
Gaesteliste.de Facebook Gaesteliste.de Instagram RSS-Feeds
 
Tonträger-Archiv

Stichwort:
Platten der Woche anzeigen




 
Tonträger-Review
 
Sarah Kinsley - Escaper

Platte der Woche

KW 36/2024


Sarah Kinsley - Escaper
Verve/Universal
Format: CD

Wenn man schon vor dem Erscheinen seiner Debüt-Scheibe eine ausführliche Wikipedia-Seite hat, dann bedeutet das wohl, dass da im Vorfeld schon einiges passiert sein muss. Und richtig: Die New Yorker Songwriterin und insbesondere Produzentin Sarah Kinsley hatte bereits an der Columbia University angefangen, eigene Songs zu produzieren - noch während sie dort klassische Musik und Musiktheorie studierte. Als ihr erster Song "The King" bereits 2021 auf TikTok viral ging, veröffentlichte sie auch gleiche eine erste EP namens "The King", der 2022 die EPs "Cypress" und 2023 "Ascension" folgten. So gesehen, war Sarah Kinsley also gut vorbereitet, als es darum ging, die nun vorliegende Debüt-LP in Angriff zu nehmen.

Sarah Kinsley macht zeitgemäße, moderne Popmusik, die sich allerdings durch zwei Dinge von der vieler ihrer Kolleginnen absetzt: Sarah Kinsley sieht sich nämlich zunächst als Produzentin und erst dann als Songwriterin und Multiinstrumentalistin - und sie verweigert sich der allgemeinen Erwartungshaltung an aufstrebende junge Künstlerinnen, sich als Rollen-Modell für gleichaltrige Fans zu empfehlen und sich als Empowerment-Ikone zu positionieren. Stattdessen hat sie den Eskapismus zum Thema ihrer Songs gemacht und bietet auch auf dem somit trefflich betitelten Album "Escaper" vor allen Dingen kleine Fluchten aus dem drögen Alltags-Dasein.

Nachdem sie zuvor alle Aspekte ihres Tuns produktionstechnisch in ihrem Heimstudio unter alleiniger Kontrolle gehalten hatte, weil ihr klar geworden war, dass der Anteil von Produzentinnen verschwindend gering ist, sah sie für ihr Debüt-Album nun allerdings die Notwendigkeit, ihre Vorstellungen einer groß angelegten Pop-Musik in einem "richtigen Studio" zu realisieren. Aus diesem Grund tat sie sich mit dem Indie-Spezialisten John Congleton als Co-Produzenten zusammen, der eher für seinen rauen Indie-Sound bekannt ist. Das war sicherlich eine richtige Entscheidung, denn so konnte sich Sarah Kinsley auf ihre Fähigkeiten als Multiinstrumentalistin konzentrieren, die neben Klavier und Gitarre auf diesem Album auch die Synthesizer bediente, Geige spielte und sogar ein Ondes Martenot zum Einsatz bringen, um die psychedelischen Aspekte der zusammen mit Congleton ausgetüftelten Kook-Pop-Arrangements schön variantenreich in Szene setzen zu können. Ihre Liebe für orchestrale klassische Musik, Dream- und E-Pop und (in der Piano-Ballade "Beautiful Things") klassische Songbook-Dramatik ermöglichten ein Szenario das in Sachen Ideenreichtum und Details kaum Grenzen kennt.

Wie gesagt legt Sarah Kinsley auf "Escaper" weniger ihr Seelenleben offen oder empfiehl sich als Ratgeberin in Sachen Psyche, sondern bietet schillernde Alternativwelten (oder "Realms" wie einer ihrer Tracks heißt) - in denen sich Science Fiction, Fantasy, Mystik und andere "Beautiful Things" die Noten in die Hand geben. Offen gesagt ist eine Scheibe wie diese in Zeiten, in denen alle wie Kaninchen auf irgendwelche Schlangen starren, fast schon notwendig und/oder heilsam. Das bedeutet alles nicht, dass das irgendwie ins Banale oder Redundante abglitte. Sarah Kinsley hat halt nur eine andere Wertewelt als viele ihrer Kolleginnen. Was die Produktion, die Arrangements, den Sound und nicht zuletzt die clever komponierten Songs betrifft, so bewegt sich Sarah Kinsley aus dem Stand in Sphären, in denen ansonsten die Billie Eilishs, Lana Del Reys, die verehrte Lorde oder vielleicht auch (eine weniger verbissene) St. Vincent herum schweben.


-Ullrich Maurer-


YouTube-Kanal

 
 
Banner, 234x60, ohne Claim, bestellen
 

Copyright © 1999 - 2024 Gaesteliste.de

 powered by
Expeedo Ecommerce Dienstleister

Expeedo Ecommerce Dienstleister