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The The - Ensoulment

The The - Ensoulment
earMUSIC/edel
Format: LP

Ende der 70er, Anfang der 80er - als die damals tätigen Musiker nach Möglichkeiten suchten, sich jenseits der gerade abschwellenden Punk-Welle musikalisch auszudrücken - war Matt Johnson der King. Denn mit seinem Projekt The The gelang es ihm, in kollaborativer Hinsicht immer wieder neue Koalitionen zu bilden und so neue musikalische Ausdrucksformen für seine im Prinzip eigentlich konventionellen Kompositionen zu finden. Das zeitigte zum Beispiel eine Liste ehemaliger Mitstreiter, die heute länger ist, als so mancher Nachspann eines Hollywood-Films und so illustre Namen wie z.B. Johnny Marr, Gail Ann Dorsey oder Earl Harvin enthält - und eine noch längere Liste mit Gästen wie Marc Almond, Jools Holland, Sinéad O'Connor oder Lloyd Cole. Mit den drei stilbildenden Alben "Soul Mining", "Infected" und "Mind Bomb" begründeten Johnson und seine Mitstreiter ein Genre mit, das man damals etwas hilflos der New Wave zurechnete und heute - nicht weniger erklärend - als Post-Punk bezeichnen würde. Danach wurde es zunehmend stiller um das Projekt The The, bis sich Johnson nach dem 2000er Werk “Naked Self" der Arbeit an Soundtracks zuwandte. 2021 gab es dann ein "Re-Union"-Konzert in der Royal Albert Hall, das dann zeigte, dass Johnson als Frontman nichts von seiner manischen Eindringlichkeit eingebüßt hatte - und offensichtlich sein Pulver noch nicht verschossen hatte, denn nun liegt nach fast 25 Jahren Auszeit ein neues The The-Album vor - mit dem Johnson & Co. die Geschichte von The The nicht nur wieder aufgreifen, sondern auch weiterschreiben konnte.

Dazu tat sich Johnson mit Cracks wie etwa Barrie Cardogan (einer grauen Eminenz für die größten Brit Pop-Acts wie Morrissey, The Primal Scream, Oasis oder Paul Weller) oder auch Earl Harvin (der heute auch bei den Tindersticks die Trommelstöcke schwingt) zusammen und setzte als Songwriter und Performer auf die alten Tugenden. Die Songs strotzen also vor Referenzen aus Poesie, Malerei, Literatur, Philosophie und Johnson betätigt sich als manischer Prediger in Sachen assoziativer politischer Kommentare, Sozialkritik und persönlicher Eingebungen, die der Meister mit spöttischer Distanz und einem gefährlichen Unterton als Denkanstöße serviert. Besonders schön gelingt ihm das in Traktaten wie "Some Days I Drink My Coffee By The Grave Of William Blake", in dem er den Untergang des alten England beklagt oder "Kissing The Ring Of Potus", einen hysterischen Abgesang auf die Zustände in den USA unter Trump. Auch schön das selbstironische Selbstporträt "Risin' Above The Need" - das zudem einen Refrain enthält, den in dieser schlüssigen Dringlichkeit bezahlte Auftragsschreiber nicht ein mal dann hinbekommen hätten, wenn sie es versucht hätten. Das ist alles ambitioniert, intelligent, humorvoll, zynisch bis hin zum Morbiden - aber auch immer immens unterhaltsam und amüsant. Musikalisch erfindet Johnson weder etwas grundsätzlich Neues, noch greift er einfach auf die alten Rezepte zurück, sondern entwickelt den The The-typischen "Modern Blues" auf höchst angenehme und vor allen Dingen zugängliche Weise weiter - und klingt somit weder hip, noch altbacken, sondern auf seine Weise absolut zeitlos. Die letzten 45 Jahre seit den ersten musikalischen Gehversuchen Johnsons spielen jedenfalls musikalisch hier gar keine Rolle.


-Ullrich Maurer-



 
 
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