KW 37/2024
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Die Nerven - Wir waren hier Glitterhouse/Indigo
Format: LP
Der Titel klingt nach Abschied. Letztes Album und auf Wiedersehen. Aber: Das ist wohl nicht so gemeint, wie man liest. Und es wäre auch eine Schande. Eine Katastrophe. Weil Die Nerven viel zu gut, viel zu relevant, viel zu wundervoll sind. Waren sie und sind sie jetzt ganz besonders. "Wir waren hier" ist ein überragend aufregendes und mitreißendes Album.
Das Problem an dieser Platte ist, dass man einfach nicht weghören kann. Von Moment eins an ist man gefesselt. Lauscht, spürt, liebt das Gehörte. Die Musik natürlich, diese wilde, abwechslungsreiche, atmosphärische und wunderschöne Musik. Manches eingängig und voller Euphorie, manch Refrain gemacht für das Stadion, die Melodie nicht nur von "Wie man es nennt" voller Wärme. Im nächsten Moment oder dem davor dann klingen Die Nerven schon dunkel, düster, laut oder sperrig. Aber ebenso lauscht und liebt man natürlich auch die Texte, die man manchmal sofort mitsingen möchte und manchmal viermal hören muss. Und möchte. Doch vor allem begeistern auf diesem Album diese unfasslich intensiven Emotionen, die Julian Knoth (Bass, Gesang), Kevin Kuhn (Schlagzeug) und Max Rieger (Gitarre, Gesang) hier gemeinsam und aus Wort und Ton fabrizieren. Manches kommt bedrückend, manches destruktiv oder wütend, anderes dagegen wieder so gar nicht. Ist doch alles gar nicht schlimm. Oder doch? "Wir warten auf das Ende, das es schleunigst eines gibt." singen sie. Oder auch: "Auf der Flucht vor der Wirklichkeit ist mir kein Weg zu weit... Ich will nur ein neues Leben." Verpackt wird das mal in fast ganz, ganz sanfte Musik, in balledesken Post-Punk mit feiner Pop-Note. An anderer Stelle werden Fuzz und Noise und Noise und Fuzz vermischt oder auch fast schon tocotronisch zum Tanz gebeten, Streicher tauchen auf, es gibt Punk, es gibt zehn außergewöhnlich tolle Lieder. Von Die Nerven.
-Mathias Frank-
Video: "Achtzehn"
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