KW 43/2024
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Pom Pom Squad - Mirror Starts Moving Without Me City Slang/Rough Trade
Format: LP
Der Titel des zweiten Albums der New Yorker Songwriterin Mia Berrin a.k.a. Pom Pom Squad bezieht sich auf den Effekt, den die Lücke zwischen der Selbstwahrnehmung und der Wahrnehmungen durch andere auf die Psyche haben kann. Irgendwann ist man sich seiner selbst nicht mehr ganz sicher - und dann scheint das Spiegelbild ein Eigenleben zu führen. Diesen Effekt verspürte Berrin als sie sich mit den Reaktionen auf ihr 2021er Debütalbum "Death Of A Cheerleader" auseinandersetzen musste und sich irgendwann fremdbestimmt wie Alice im Wunderland fühlte. Besonders deutlich wird das in dem Song "Downhill", in dem Berrin zu dem Schluss kommt, dass es ja eigentlich nur noch abwärts gehen kann, wenn man als Künstler an der Spitze steht. Im Folgenden geht es dann in den anderen Tracks darum, wie man mit diesem Erfolgsdruck dann umgehen sollte. Das läuft zwar dann auch irgendwie auf das angesagte Thema "Empowerment" hinaus - aber eben dieses Mal aus der konkreten Sichtweise einer Musikerin.
Für dieses Album entwickelte Berrin zusammen mit Co-Produzent Cody Fitzgerald ein einzigartiges Sound-Design, bei dem es nicht darum ging, einen bestimmten Stil anzustreben, sondern die Stärken der jeweiligen Songs bis ins Extrem zu betonen. Das bedeutet: Balladen wie "Montauk" oder "Running From Myself" dürfen entweder opulent dahinschmelzen oder sich alternativ zum Orkan auftürmen, Tracks wie "Messaged" oder "Villain" ordentlich rocken und Sachen wie "Doll Song" auch gerne im schwelgerischen Kammerpop aufgeben. Die Sache begann, als sich Berrin in der Pandemie mit dem Logic-Programm auseinandersetzte und endete im New Yorker Electric Lady Studios, wo die vorproduzierten Elemente mit Beiträgen der festen Bandmitglieder Shelby Keller, Lauren Marquez und Alex Mercuri im Patchwork-Verfahren zu vielschichtigen Soundskulpturen verdichtet wurden. Obwohl das Material im Studio von Berrin und Co-Produzent Cody Fitzgerald bis zum "Gehtnichtmehr" getweakt und aufgebohrt wurde, bevor es dann wieder zusammengesetzt wurde, klingt die Sache keineswegs steril und abstrakt, sondern auf seltsame Weise organisch. Genauso sollte zeitgemäße, lebendige Indie-Pop-Musik heutzutage auch einfach klingen.
-Ullrich Maurer-
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