KW 46/2024
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Roosmarijn - Wide Open Space Backseat/Membran
Format: LP
Ihr Debüt-Album bezeichnet die niederländische Musikerin Roosmarijn Tuenter als "Emotionale Reise durch verschiedene Perioden und Räume des Lebens". Dass sich diese Räume dann gar nicht in Räumen, sondern unter freiem Himmel in der Natur befinden, sollte unbedingt Erwähnung finden, denn offensichtlich ist die Natur ein essentieller Bestandteil von Roosmarijns Spiritualität. So nimmt sie mit Songtiteln wie "Outside", "Dear Deer", "Where Bones Become Roots" und "Wide Open Space" immer wieder Bezug auf die natürliche Umgebung - sowohl klanglich (indem beispielsweise Vogelgezwitscher und andere Field-Recordings integraler Bestandteil des Produktionsprozesses waren) und natürlich in Hinsicht auf die esoterisch validen Lyrics - beispielsweise indem sie in dem Track "Mother" die Natur als Mutter aller lebenden Dinge auslobt, deren Führung es sich anzuvertrauen gilt.
Worum geht es aber eigentlich musikalisch? Nun - Roosmarijn machte schon 2019 mit ihrer EP "Inside Out" (auf der sich das Natur-Thema bereits andeutete) deutlich, dass sie sich nicht als konventionelle Songwriterin betrachtete, sondern im Einklang mit ihrem Haupt-Instrument - der Viola - ihren Anspruch in einer Einheit aus Klang, Struktur und Inhalt sieht. Bei ihren Live-Shows setzt Roosmarijn beispielsweise ganz auf die Inspiration des Momentes und konstruiert ihre Song-Gebilde alleine mit dem Spiel der Viola, der Stimme und einer Loop-Station. Bei der Produktion eines Studio-Albums ist das Aufschichten der vielen Ebenen, aus denen sich Roosmarijns Kompositionen zusammensetzen, systembedingt natürlich etwas einfacher zu handhaben - auch wenn auch bei der Studioproduktion mit Sampler und Loopstation gearbeitet wird. Klanglich hat sich Roosmarijn dabei schon lange von ihre folkigen Roots entfernt und erschafft auf ihrem Album mit Zutaten wie Bläsern, Akustik-Bass, Synthesizern aber auch geschichteten Streichersätzen, Gitarre, Percussion und Drums musikalische Szenerien, die weit über das Bild einer "singenden Geigerin" hinausreichen und in der räumlichen Ausdehnung zuweilen regelrecht symphonische Dimensionen annehmen. Im Zentrum der Scheibe versammelt sind dann drei Kernstücke, die verdeutlichen, was im Roosmarijn-Universum musikalisch alles möglich ist. "Fire Walk With Me" wartet mit überraschend konkreten Rock-Elementen auf, "Dear Deer" überrascht mit Pizzicato -Neo-Klassik und kammermusikalischer Fragilität während "Shattered Heart" zwischen ambientmäßiger Weite und der angesprochenen symphonischen Grandezza pendelt. Auch die anderen Tracks enthalten Elemente dieser Art und zeigen, dass Roosmarijn den Wagemut, den sie im Opener "Outside" inhaltlich von sich selbst fordert, auch musikalisch an den Tag legt. Roosmarijn hat also die Zeit des Stillstandes in der Pandemie offensichtlich kreativ genutzt, um die Klangwelten, die sie mit der Debüt-EP "Inside Out" bereits skizzierte, zu perfektionieren und auszubauen. Mit diesem Ansatz reiht sie sich aus dem Stand ganz vorne ein in die Riege musikalischer Querdenkerinnen, die jenseits von Genre-Formaten ihren Weg gefunden haben.
-Ullrich Maurer-
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