Nun endlich auch physisch! Die aus der Türkei stammende Wahlberlinerin Nilipek veröffentlichte ihr viertes Album "Uydurdugumuz Oyunlarla" ("die Spiele, die wir uns ausdenken") nach vier Jahren kreativer Pause zwar bereits digital, nun erscheint jedoch die Vinyl-Veröffentlichung. In den 11 Tracks des Albums macht sich Nilipek Gedanken über Schein und Sein, Lügen und Wahrheiten Gedanken und endet gar mit einer politischen Note: Auf dem letzten Track des Albums "Bir Ses Var" ("es gibt eine Stimme") - ein Song über den Zusammenhalt - sind Field-Recordings der Gezi-Park-Proteste von 2013 zu hören.

Das eigentlich faszinierende an diesem Werk - wie auch am ganzen Oeuvre Nilipeks - ist der Umstand, dass der musikalische Kern des Albums auf den Traditionen westlicher Indie-Rock-Musik beruht, die mit Psychedelia, Kaputnik-Blues und sogar Stoner- und Kraut-Rock-Elementen angereichert ist - und nicht wie bei türkischen Musikern oft zu beobachten auf folkloristischen Elementen, die mit ein paar Beats und Synthies ins Pop-Format übertragen werden. Trotzdem gelingt Nilipek ein Brückenschlag, indem bei Songs wie "Kosk" oder "Menekse" entweder orientalische Harmonien und/oder Rhythmen bemüht werden - die jedoch dem Rock-Geist des Albums nie zuwider laufen. Auf der anderen Seite ist da die mit Streicher-Sounds unterlegte Folk-Ballade "Sandigin", die in die entgegengesetzte Richtung zielt. So werden Indie-Fans keine Mühe haben, sich mit Nilipek trotz der Sprachbarriere zu arrangieren.