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Saya Gray - Saya Dirty Hit Records
Format: LP
Was haben Pedal Steel Gitarren in einem Elektronik-Track zu suchen? Oder Breakbeats in einem Folk-Song? Oder gesampelte Gitarren in einer Country-Nummer? Oder psychedelische Soli in einem klassischen Torchsong? Das sind alles Fragen, die sich die kanadische Multifunktionskünstlerin Saya Gray gewiss nicht gestellt hat, als es daran ging, ihre quirligen musikalischen Ideen nach dem Anything Goes-Prinzip für ihr Debüt-Album "Saya" zu Songs zu verdichten, die nach dem Ideen-Overkill am Ende nicht nur als solche noch zu erkennen sind, sondern aufgrund ihrer erstaunlich melodischen Ausrichtung, Kook- und Dreampop-Elementen und der trotz aller produktionstechnischen Gimmicks konventionellen Strukturierung sogar im Gedächtnis hängen bleiben.
Nichts Konventionelles hat hingegen die Art, wie die Arrangements auf unkonventionelle Weise aus verschiedenen Richtungen zusammengeführt und hinter Saya Grays kaleidoskopischen Gesangseinlagen versammelt wurden. Vorbereitet hatte Saya Gray dieses Album mit einer Reihe von EPs namens "19 Masters", "Qwerty I" und Qwerty II", mit denen sie sich klangtechnisch schon mal richtig austobte und den Grundstein für das legte, was sie auf "Saya" nun im Songformat auslebte - allerdings wesentlich schroffer, härter und abstrakter. Die Tracks auf "Saya" sind zwar gleichermaßen eklektisch und Collagen-haft aufgebaut - aber wesentlich verspielter, zugänglicher und poppiger.
Als die Tochter eines schottisch/kanadischen Vaters und einer japanischen Mutter sich 2023 auf eine "Bildungsreise" durch Japan begab, nahm sie ihre akustische Gitarre mit - für den Fall, dass sie sich auf dieser Reise inspiriert fühlen sollte. Das war offensichtlich der Fall, so dass sie die nun auf "Saya" präsentierten Tracks im Grund genommen als Folksongs anlegte - die freilich nach dem zuvor angerissenen soundtechnischen Treatments nur noch rudimental als solche zu erkennen sind. Scheiben wie "Saya" - die vollkommen ohne stilistische und formale Vorgaben auskommen, neugierig Neuland beackern und auf experimentelle Weise unberechenbar mit Konventionen brechen - gibt es nach wie vor immer noch zu wenige.
-Ullrich Maurer-
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