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Sunny War - Armageddon In A Summer Dress New West/Red Eye/Bertus
Format: LP
Als "Ghost Pop" könnte man vielleicht das neue Album der Songwriterin Sydney Ward a.k.a. Sunny War bezeichnen. Denn als Sydney in das Haus ihres verstorbenen Vaters im Ort Chattanooga zog, stellte sie fest, dass es in diesem spukte. Nachdem sie mehrfach des Nachts mit ihrer Machete aus dem Bett gesprungen war, aber nichts finden konnte, obwohl sie zuvor Leute herumgehen und reden hatte hören können, beschloss sie den Song "Ghost" über die Geister - bzw. die Erinnerungen an die Toten und Verlorenen zu schreiben, mit denen sie offensichtlich in dem Haus zusammenlebte. Und dieser setzte dann - insbesondere auch musikalisch - den Tenor für das ganze Album, denn hier geht es ziemlich wild, spirituell, cinematisch, Südstaaten-gothisch, voodoo-mäßig und abenteuerlich zu. Genretechnisch ist das alles gar nicht unter einen Hut zu bringen, was Ward von der Instrumentierung, den Arrangements und den stilistischen Elementen her auffährt.
Zwar stellte sich später heraus, dass die Geistererscheinungen in dem Haus durch undichte Gaslecks verursacht wurden, die dann bei Sydney entsprechende Halluzinationen auslösten - die dann die Grundlage für die nun vorliegenden - nun ja - halluzinatorischen Songs bildeten. Mit Drogentrips hat das nichts zu tun, denn Musik, die so vielschichtig, komplex, referentiell und stilistisch so wagemutig zusammengewürfelt ist, wie die von Sunny War, kann man unter echten bewusstseinserweiternden Bedingungen technisch kaum realisieren. Was begeistert, ist dass die Songs trotz der zur Schau gestellten Vielseitigkeit, bei der klassische Genres wie Gospel, Roots-Rock, Blues oder Psychedelia bestenfalls angezapft werden, vor allen Dingen zugänglich, melodisch und poppig ausgefallen sind. Ghost-Pop eben.
-Ullrich Maurer-
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