Man könnte ja nun meinen, dass ein Projekt-Name wie Sister Ray verpflichtet und in eine bestimmte Richtung deuten sollte. Doch weit gefehlt: Mit Velvet Underground und New York-Rock hat unsere Sister Ray nichts am Hut. Die kanadische, nicht binäre Songwriterin Ella Coyes wandelt musikalisch auf ihrem zweiten Album "Believer" auf den Spuren klassischer Indie-Songwriterinnen wie Sharon Van Etten, Lucy Dacus oder Courtney Barnett - um jetzt aber wirklich nur mal einige zu nennen, denn Coyes bietet als Songwriterin selbst genug Substanz, um sich nicht alleine über Namedropping definieren zu müssen.

Auf diesem zweiten Album - das in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Jon Allen (Big Thief) in New York eingespielt wurde, beweist sich Coyes als versierte Songwriterin, die ihre Selbstfindungs- und Empowerment-Tracks mit der notwendigen emotionalen Tiefe und Verletzlichkeit in einem semi-akustischen Setting präsentiert. Zwei Dinge zeichnen das Projekt dabei auf der klanglichen Ebene aus: Das sind zum einen unerwartete Bläser-Einlagen, die in konfessionellen Songwriter-Projekten dieser Art eher nicht zu erwarten sind. Und dann ist da noch die songdienliche Art, in der Meister-Gitarrero Marc Ribot mit seinen gerne auch mal psychedelisch aufgedröselten Einlagen das Material bereichert und aus der ansonsten dominanten Folk-orientierten Ebene in Richtung Indie-Rock herauslöst. In den USA ist die Kanadierin mit indigenen Wurzeln bereits auf dem besten Wege, zu den inzwischen aus den Indie-Schuhen herausgewachsenen Vorgängerinnen aufzuschließen - und das ganz sicherlich nicht ohne Grund!