Die Überraschung ist Brazen gelungen: Nichts ahnend legt man "Orphaned" in den CD-Player und erlebt einen Wust aus Tönen. Dabei interpertieren die vier Schweizer allerdings nicht die Chaos-Theorie neu, sondern beweisen sich vor allem als gute Musiker, denen die Melodie ab und zu auch ganz gerne in den Kram passt und deren Musik durchaus Richtungen verfolgt und einhält. Mal extrem noisig, mal ein wenig gefälliger, aber niemals glatt und niedlich brettern die neun Tracks meistens sehr temporeich wie ein schwerer Truck durch eine australische Wüste und schraubt sich dabei in erstaunliche Längen hoch. Unter vier Minuten geht hier gar nichts. Das legt den Vergleich mit den unvergleichlichen ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead gleich ein wenig nahe.

Nach dem Opener "The Last Straw" dürften keine Fragen mehr offen sein, nach dem, was "Orphaned" ausmacht: eben Musik, auf die man sich einlassen muss, die zum Nebenbei-Hören viel zu viel fordert und die einen manchmal ziemlich unerwartet durch den Raum zu schleudern weiß. Alles auf dieser Platte scheint der treibenden Dichte der Arrangements zu unterliegen, selbst der Gesang ist im Gegensatz zum Rest extrem zurück haltend. So weit, so schön und so eigenständig. Doch leider liegen die Abzüge in der B-Note darin, dass sich der Reiz des Krachigen schon einstellt, bevor die Platte vorbei ist und die Sache am Stück ein wenig anstrengend gestaltet und man ein wenig das Gefühl hat, das Quartett hätte seine Asse schon innerhalb der ersten drei Nummern verspielt. Unterm Strich allerdings können Brazen stolz sein, ein wirklich ambitioniertes und nicht-anbiederndes Album gemacht zu haben, das besonders Leuten gefallen dürfte, die selber Musiker sind.