Im Mai waren Metallica in Berlin und stellten sich den Fragen einiger hundert Fans. Die wollten zum Beispiel wissen, nachdem ihnen die komplette DVD und der Clip zur Single "St. Anger" präsentiert wurde, warum es keine Soli mehr auf der neuen Scheibe gäbe. "Ich habe inzwischen doch häufig genug bewiesen, dass ich das kann", antwortete Kirk. Ein Fan stellte die Frage, ob denn kein Platz mehr für die wunderschönen Balladen gewesen wäre. Die meisten Anwesenden buhten, waren sie doch von der Urgewalt der neuen Songs begeistert. Und James Hetfield witzelte, dass doch Ex-Basser Jason Newsted stets die Kuschelrocker geschrieben habe. Aber so flapsig diese Antworten klingen, die Aussage ist eindeutig: Metallica rocken wieder!
Sie tun also das, auf was die meisten Fans seit dem "Schwarzen Album" gewartet hatten. Keine Experimente, keine Radio-Hits, kein Country, kein neuer Kram. Und leider auch kaum noch wirklich gute Songs. Denn trotz aller Härte, "St. Anger" ist eine kleine Enttäuschung. Natürlich waren die letzten regulären Studioalben "Load" und ganz besonders "Reload" keine wirklichen Meisterwerke. Doch da gab es die ehrliche Version von Metallica. Und da gab es richtige, ausgearbeitete, überlegte Songs. Die neuen Nummern wirken dagegen doch sehr gezwungen. Es musste anscheinend rotzig, roh und schnell klingen. Natürlich ist es möglich, dass Hetfield mit bald 40 Jahren und ziemlich genau 20 Jahre nach "Kill 'Em All" wieder den Punk in sich entdeckt hat. Aber wahrscheinlich?
Hetfield röhrt und schreit zwar wie ein Berserker, doch leider vergisst er zu häufig, dass er auch gar nicht mal so übel singen kann. Denn genau dann, wenn er das tut, blitzt der alte Metallica-Glanz wieder auf. Ulrich dagegen trommelt in seiner bekannten "Stärke" auf die Felle und lässt die Snare laut eigener Aussage absichtlich so unrund klingen. Tja, er ist und bleibt eben Lars Ulrich. Wirklich klasse sind dagegen die beiden Axtmänner. Hammett brettert fette Riffs in die Runde, die jeden Mosher glücklich machen und Studio-Viersaiter und Produzent Bob Rock unterlegt das Ganze mit einem dichten, wummernden Bass-Teppich. Dabei hat er aber wohl etwas das Produzieren vergessen. Oder auch er ist zum Punkrocker mutiert und hat einfach die Proben auf CD gebrannt. So wirken die meisten Stücke einfach unfertig. Der Scheibe fehlt das Besondere, was Metallica bisher so auszeichnete. Mit "St. Anger" sind sie leider nur noch eine sicherlich nicht schlechte, aber ganz sicher auch keine herausragende Heavy Metal-Combo.