Kindsmissbrauch: Eine der wenigen Thematiken, die ausnahmslos schockiert, häufig polarisiert - und die unterschiedlichsten Menschen und Gesellschaftsschichten über lebenslängliche Freiheitsstrafen oder die Todesstrafe nachdenken lässt... Ein so massiver, feiger und hassenswerter Übergriff auf Schutzbedürftige kann natürlich auch Künstler inspirieren: Bis zum Erscheinen der vorletzten Evergrey-Platte "Recreation Day" war die schönste hierorts bekannte Auseinandersetzung und heftigste Attacke auf das Kinderschänderphänomen "His Cold Touch" von Wolverine gewesen. Doch der Aufschrei von "Unforgiveable" auf dem zweiten Evergrey-Album konnte das noch aufwühlender, schmerzlicher und dabei noch ästhetischer.

Da lag es für die Mannen um Ausnahmesänger und Gitarrist Tom S. Englund wohl nahe, dem Thema systematisch gedeckten sexuellen Kindesmissbrauchs innerhalb von gesellschaftlichen Systemen wie (allen voran) der katholischen Kirche ein ganzes Konzeptalbum zu "weihen". Dementsprechend düster ist "The Inner Circle" denn auch ausgefallen - und beweist abermals die Klasse der erst seit '98 veröffentlichenden Schweden, die im Bereich Progmetal was Anspruch, Virtuosität und Leidenschaft angeht, nahezu mit Höhenkammkultur wie Pain Of Salvation vergleichbar scheinen. Wer sozial engagierte, blitzintelligent gemachte und vor Passion brennende Rockmusik des Jahres 2004 erleben möchte, kommt an "The Inner Circle" kaum vorbei.