Irgendwie ist es folgerichtig: Ihre ersten Erfolge feierten die Sportfreunde Stiller, weil sie auf ihren Konzerten ihre smarten Gute-Laune-Songs bei den Ansagen mit ebenso herzerfrischenden Fußball-Weisheiten garnierten, jetzt machen sie Stadionrock. Okay, eigentlich Mehrzweckhallenrock, aber da wollen wir mal nicht so kleinlich sein. Bereits zum zweiten Mal in Folge legt uns das Münchner Trio nun ein Livedokument unter den Weihnachtsbaum: Nach der - zugegebenermaßen mit einer Vielzahl von Extras versehenen - DVD "Ohren zu und durch" mit einem Konzertmitschnitt aus Salzburg letztes Jahr gibt es nun das erste offizielle Live-Album der drei, mitgeschnitten beim triumphalen Heimspiel mit rund 10 000 Fans im Mai in München. Und das gleich zweimal: Zum einen in der Komplett-Version von A-Z auf einem doppelten Silberling und zum anderen in einer gestrafften Version auf einem Tonträger, die irritierenderweise eine andere Reihenfolge hat.
Beiden Fassungen gemein ist die Tatsache, dass das Trio kaum ein Stadionrock-Klischee auslässt: Da dürfen wir am Anfang von "International" 46 Sekunden lang die Masse mitklatschen hören, bevor es dann endlich losgeht, auch gibt es das "Die Band hört auf zu spielen, das Publikum singt trotzdem weiter"-Spielchen, und zum ersten Mal überhaupt wird sogar die Akustikklampfe auf die Bühne geschleppt und ausgerechnet das großartige "Einmal Mond und zurück" in einer etwas fehlgeleiteten "Lagerfeuer meets Beats aus der Steckdose"-Version neu interpretiert. Von den Münchnern zu erwarten, dass sie trotz der sprunghaft gestiegenen Zuschauer(innen)zahlen ihrer Konzerte auf die obligatorischen Sperenzchen verzichten, die mit Rockkonzerten dieser Größenordnung anscheinend zwangsläufig einhergehen, wäre vielleicht auch etwas zu viel verlangt gewesen. Schließlich haben sich die drei inzwischen gerade auch in der Livearena neue Ziele gesucht. Aus dem alten Wunsch "Einmal Buffalo Tom supporten und sich dann auflösen" wurde anno 2004 ein Platz im Vorprogramm von Herbert Grönemeyer. Am beeindruckendsten sind die Sportfreunde auf diesem Album immer dann, wenn sie sich darauf beschränken, einfach ihre besten Songs ohne großen zusätzlichen Schnickschnack zu spielen: Bei "Wunderbaren Jahren" etwa, bei "Ein Kompliment" oder "Heimatlied".
"Die Sportfreunde Stiller waren, sind und werden immer eine Live-Band sein", heißt es im Waschzettel der Plattenfirma, und obwohl das ohne jeden Zweifel richtig ist und wir nicht zuletzt auch an dieser Stelle seit Jahren immer wieder ein Livealbum verlangt haben - die drei auf der Bühne zu sehen, wie sie mit ihrem Publikum zusammen Spaß haben, für jede Albernheit zu haben sind und aus jedem Konzert eine Riesenparty machen, ist etwas völlig anderes, als sich die Sportfreunde-Hits in Liveversionen auf der heimischen Stereoanlage anzuhören. Natürlich haben die nicht selten etwas rauen Performances gerade im Vergleich zu den doch arg glatt gebügelten Studiofassungen ihren Charme, aber Einlagen wie das - nennen wir es einmal wohlwollend - Freejazz-Solo bei "1. Wahl" dürfte wohl niemand witzig finden, der nicht dabei gewesen ist und sich an die Szene mit den dazugehörigen bewegten Bildern erinnern kann. So fällt dann dieser Mitschnitt im Vergleich zu DVD aus dem Vorjahr trotz fabelhafter Momente wie dem Kleinmädchenchor im Hintergrund von "Wie lange sollen wir noch warten" etwas ab. Unser Rat: Wenn schon, dann doch lieber in eine Karte zur anstehenden Tournee der Band im Dezember als in diesen Tonträger investieren.