The Lord of Indie is back! Zugegeben, richtig weg war er nie. Aber ohne Pia Lund war er eben nie der Boa, den man Ende der 80er lieben oder hassen konnte. Ignorieren konnte man ihn nicht. Und welche Indie-Disko kam damals schon ohne Songs wie "Container Love", "And Then She Kissed Her" oder "I Dedicate My Soul To You" aus? Spätestens nach der bereits im Frühjahr auf Lado erschienenen EP "20 Years of Indie Cult" hatte man wieder Lust auf diesen eigenwilligen Egomanen, dessen Bedeutung für die deutsche Popkultur man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Schließlich war der Dortmunder nicht nur als Musiker aktiv, sondern betrieb mit Constrictor auch ein Label, dem man neben vielen anderen Schmankerln die Veröffentlichung der ersten Talulah Gosh-Platte in Deutschland verdankte. Doch das nur nebenbei. Neue Platte, neues Glück.
Blättert man zunächst durchs Booklet von "Decadence & Isolation" könnte man locker denken: Alles klar! Alles beim alten. Sehr stylisch. Pia Lund räkelt sich auf der Couch und wenn man genau hinsieht, trägt sie immer noch 80er-Stiefel und eine Harrington-Jacke. Ist wahrscheinlich wieder im Kommen. Auch der Meister selbst scheint sich frisurtechnisch nicht groß verändert zu haben. Wie immer erkennt man ihn kaum hinter seinem Schopf. Doch was macht die Musik? CD eingelegt und gleich bei den ersten Tönen von "Have You Ever Been Afraid" fühlt man sich zuhause. Er ist wieder da. Wow! Spätestens bei "Burn All The Flags" muss auch der misstrauischste Hörer zugeben, dass wir es hier bereits jetzt mit einem Klassiker vom Kaliber "Kill Your Ideals" zu tun haben. Phillip Boa hat sich mit "Decadence & Isolation" neu erfunden. Die Produktion ist zeitgemäß von Swen Meyer (Tomte, Kettcar) und Gordon Raphael (The Strokes) aufpoliert, ohne dass den Stücken die Boa-typischen Kanten verlorengehen. Fazit: Eine durchweg großartige Scheibe, die uns Älteren die Freudentränen in die Augen treibt. Für die jüngeren Leser heißt es nun: Alte Boa-Platten nachkaufen. Die "Hair" von 1989 wäre da ein guter Einstieg.