Trotz des Namens ist Ingrid Michaelson jetzt mal keine skandinavische Songwriterin, sondern das neueste US-Fräuleinwunder. Ihr jetzt bei uns erscheinendes Debüt-Album "Girls And Boys" vertrieb sie in den USA independent nahezu eine Viertel Million Mal. In Europa geht so etwas nicht flächendeckend - wegen des Kompetenzwirrwarrs -, so dass das Ding hierzulande über einen Major-Vertrieb erscheint (auf dem eigenen Label Cabin 24, wie Ingrid ausdrücklich festgehalten haben möchte). Es geht also doch noch. Nun hat Ingrid zugegebenermaßen ein pfiffiges Konzept: Umgeben von einer emsigen Gruppe von Marketing-Fachleuten gelang es ihr, Songs in US-TV-Shows und Werbespots zu platzieren, attraktive Support-Slots zu landen (bei uns zuletzt z.B. mit Jason Mraz) und sich über MySpace eine Web-Base aufzubauen. Für die Produktion des Albums gab sie wenig Geld aus - suchte sich aber die richtigen Leute zusammen und gab sich Mühe bei den Arrangements, so dass das Ganze - angenehm humorvoller und aufrichtiger Folkpop nebenbei - durchaus radiotauglich und zeitgemäß daherkommt. Hinzukommt, dass Ingrid über eine ordentliche Gesangsausbildung verfügt, was man ihren Songs auch anhört. Musikalisch passt Ingrid dabei am besten zu den jungen, wilden Mädels, die zur Zeit die britischen Charts unsicher machen, legt aber Wert darauf, sich stilistisch nicht wirklich festlegen zu wollen. Und irgendwo haben ihre - hochinfektiösen - Songs dabei ohnehin einen zwar persönlichen, aber auch universellen Charakter. Insgesamt ist der Erfolg der Ingrid Michaelson also keine richtige Überraschung, sondern die Bestätigung dafür, dass man mit handwerklichem Können, guten Ideen und der richtigen Strategie tatsächlich noch Erfolg haben kann.