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Alice Phoebe Lou - Shelter

Platte der Woche

KW 27/2023


Alice Phoebe Lou - Shelter
Alice Phoebe Lou
Format: CD

In gewisser Weise ist Alice Phoebe Lou gerade dabei, sich selbst zu überholen. Nachdem die lange Zeit in Berlin lebende Südafrikanerin auf ihrem letzten Studioalbum "Glow" ihre Einstellung zum Songwriting überdacht hatte und mit dem Thema "Liebe" auch ein für sie ganz neues inhaltliches Betätigungsfeld gefunden hatte, scheint sie in den Overdrive geschaltet zu haben. Bereits "Glow" war ein Lockdown-Projekt, mit dem Alice deutlich machte, dass sie sich von einer Banalität wie einer Pandemie nicht unterkriegen lassen würde. Sie gehörte auch zu den wenigen Acts, die in dieser Situation den Kontakt zu ihrem Live-Publikum nicht abreißen ließ. Natürlich entstanden in dieser Phase aber auch ständig neue Songs - und bereits wenige Monate nach "Glow" brachte Alice ein independent aufgelegtes "Surprise-Album" namens "Child's Play" heraus, das sie mit Produzent David Parry und ihren Musikern "on the fly" in dessen Studio in Vancouver eingespielt hatte. Wie sich nun herausstellt, war "Child's Play" inhaltlich zwar eine Erweiterung der Thematik des "Glow"-Albums - musikalisch aber eine Art Vorbereitungs-Projekt für das nun vorliegende fünfte Album "Shelter".

Mit ihren Musikern Ziv Yamin, Daklis und David Parry hat Alice inzwischen nämlich eine intuitive Routine entwickelt, mittels derer Alice als Songwriterin ihre Tracks in eine deutlich songorientiertere Richtung lenken kann, ohne ganz auf die improvisatorische Symbiose verzichten zu müssen, die ihre Frühwerke auszeichnete (aber auch dominierte - was heutzutage einfach nicht mehr der Fall ist). Und nachdem die Gute ihre Findungsphase nunmehr so weit hinter sich gelassen hat, dass sie in der aktuellen Bio selbst einräumt, das Gefühl zu haben, heutzutage irgendwo angekommen zu sein, kann sie sich in ihren Lyrics auch mit einer ernsthaften Selbst-Analyse beschäftigen. Unter dem Strich ist dabei herausgekommen, dass Alice beschlossen hat, sich nicht mehr so sehr auf andere zu konzentrieren, sondern sich mehr um sich selbst und ihre Bedürfnisse zu kümmern und dabei sozusagen bei sich selbst Schutz im "Shelter" zu suchen. Daraus resultiert ein gefestigter Charakter, den Alice auch als Quelle eines neu gefundenen Selbstbewusstseins identifiziert.

Von gesteigertem Interesse ist es aber freilich, mit welchen musikalischen Mitteln sie das umsetzt - und hier kommt wieder die zuvor geschriebene intuitive Routine ins Spiel. Dass Alice ihre Balladen in ihrem inzwischen zum Markenzeichen gewordenen, eleganten, jazzigen Torchsong-Setting anlegt, ist nicht so sehr verwunderlich - wobei auch hier der Ambient-Faktor früherer Produktionen erkennbaren Songstrukturen gewichen ist. Eher überraschen da schon die Up-Tempo-Songs, wie der Titeltrack, "Lose My Head" oder "Open My Door" - in denen Alice und ihre Musiker - außer mit jazzigen Akkordfolgen auch mit Krautrock-, New Wave- und Disco-Grooves experimentieren. Und da sich Alice inzwischen auch mit konventionellen Songstrukturen angefreundet hat, gelingen ihr dann auch potentielle Hits wie zum Beispiel das im Walzer-Takt angelegte, hochmelodische "Lately". Diese neuen Zuversicht im Handling strukturierter Songs macht sich inzwischen auch bei den Live-Vorträgen bemerkbar, wo sich Alice inzwischen als quirlige Bandleaderin präsentiert, die auch die großen performerischen Posen nicht mehr scheut. Und das testet sie in den kommenden Wochen dann auch mit einigen Headliner-Dates in den USA an. Way to go, Alice!


-Ullrich Maurer-


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