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St. Vincent - All Born Screaming

Platte der Woche

KW 17/2024


St. Vincent - All Born Screaming
Virgin/Universal
Format: LP

Für all jene, denen "Daddy's Home", das letzte Album von Anne Erin Clark a.k.a. St. Vincent vielleicht zu versöhnlich, zu zugänglich oder zu poppig gewesen sein mag, dürfte das neue Werk "All Born Screaming" wieder genau jenes Maß an brachialer Verachtung produktionstechnischer Formate zum Ausdruck bringen, derentwegen St. Vincent von vielen verehrt wird (obwohl ja eigentlich nichts verwerfliches an poppiger Zugänglichkeit ist). St. Vincent (die Persona) kommt dieses Mal mit viel Wut im Bauch und ziemlich viel Verachtung daher - behauptet gar von sich, an der Schwelle zwischen Leben und Tod zu stehen. So etwas benötigt dann halt entsprechende musikalische Mittel. Als da wären: Das verkorkst/eklektische Gitarrenspiel von Clark, extrem ausgelotete Dynamik und ziemlich harsche Stereo-Effekte - sowohl Gitarren, wie auch Synth-basiert - mit Industrial-Touch. Dazu kommen aufwendig gestaffelte Gesangsharmonien, Chöre und Vokal-Effekte.

Das Ganze poltert unheilvoll vor sich hin, explodiert gelegentlich und nur gelegentlich wird das Energie-Level mal herausgenommen. In solchen Momenten - beispielsweise in der Dreampop-Ballade "The Power Is Out" - entwickelt Clark eine gewisse Art der gesanglichen Empathie und lässt sich auf eine Betonung der melodischen Elemente ein; wobei natürlich auch in diesen Fällen der Gesang bis ins letzte theatralisch durch-konzipiert ist, denn auf irgendwelche Gefühlsduseleien möchte sich St. Vincent einfach nicht einlassen. Überraschungen gibt es aber auch auf dieser Scheibe: Mit selbstironischem Amusement betont St. Vincent ihre interstellaren Ambition, indem sie in dem Track "So Many Planets" die vielen Planeten, die sie besucht hat, bevor sie ihren eigenen schließlich gefunden hat, in einem munteren Fake-Reggae-Setting präsentiert, in dem ihre eklektischen Gitarren-Traktate dann besonders außerweltlich wirken. Inhaltlich geht es um Verlangen, Lust, Selbstverachtung, Liebe, Tod, Kontrolle und Kontrollverlust - das schreiende Leben also, in das wir alle auf die gleiche Art hineingeboren werden. Logisch, dass das in dem siebenminütigen Titeltrack am Ende der Scheibe noch mal mit Gusto zusammengeführt wird.

Das war dann alles so intensiv und viszeral, dass St. Vincent darauf bestand, das ganze Album von vorne bis hinten selbst zu produzieren. Musikalisch ließ sich sie hingegen von alten und neuen Freunden unterstützen und machte sich einen Spaß daraus, mit Dave Grohl, Josh Freese, Stella Mozgawa und Mark Giulana gleich vier verschiedene Charaktere hinter dem Drumkit engagierte - was wohl auch den starken rhythmischen Tenor des neuen Materials auszeichnet. Mit diesem Album manifestiert St. Vincent ihre Stellung als massenkompatible Individualistin und Sounddesignerin. Auch wenn das - wie im Falle dieses Albums - dann ein wenig auf Kosten des Songwritings geschieht.


-Ullrich Maurer-


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