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18.07.2006
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MAXIMO PARK

Fünf Menschen

Maximo Park
Paul Smith (Gesang), Tom English (Drums), Duncan Lloyd (Gitarre), Archis Tiku (Bass) and Lukas Wooller (Keyboard) sind besser bekannt als Maximo Park, diese bemerkenswerte Band aus Newcastle Upon Tyne. Dass sie längst mehr sind als nur ein weiterer UK-Hype, sollte sich nicht erst durch das famose Debüt "A Certain Trigger", sondern auch durch die vielen Live-Shows herumgesprochen haben, und die Band scheint ihre Zeit zudem gerne in Deutschland zu verbringen - oder was sollte sonst der Grund für rasche Rückkehr auf die Bühnen des Landes sein? Gaesteliste.de fragte vor ihrem Gastspiel in Essen nach.

"Wir brauchen Liebe, wir brauchen die Leute. Wir sind so paranoid, dass wir glauben, dass die Leute uns vergessen würden", kommt es mit einem verschmitzten Lachen aus Lukas Wooller heraus. "Außerdem findet hier die Fußball-WM statt!" - "Wir wollten einfach in Städten spielen, wo wir noch nicht gewesen sind", ergänzt Duncan Lloyd. "Beim letzten Mal haben wir uns auf die größeren Städte wie Köln, Hamburg und Berlin konzentriert. Es ist vergleichbar mit unserer UK-Tour - dort haben wir in London, Glasgow, Manchester, Liverpool gespielt, und danach standen die kleineren Plätze wie Brighton oder Southampton auf dem Programm. Und den Leuten scheint es zu gefallen - gestern zum Beispiel wunderten sich garantiert viele Leute, warum wir in Kaiserslautern aufgetreten sind, aber die Reaktion war umwerfend!" - "In den letzten drei Monaten waren wir auch nicht viel unterwegs, sondern waren mit dem Songschreiben beschäftigt - diese Mini-Tour ist unsere erste richtige Auszeit. Wir hätten sowieso auf den europäischen Festivals gespielt, und da lag es nur nahe, dass wir noch ein paar Extra-Shows in Deutschland während der WM klarmachen würden", meint Lukas, bevor er zur großen Lobhudelei ausholt: "Und die Leute hier in Deutschland scheinen uns sehr zu mögen - sie scheinen uns etwas besser als andere Leute in anderen Ländern zu verstehen, sie sind nicht so mit Vorurteilen in Richtung Fashion belastet, sie versuchen uns nicht in eine bestimmte Kategorie zu drücken, sie beschäftigen sich mit den Texten und verstehen die Musik."

Apropos Texte - bei früheren Maximo Park-Shows ist sicher nicht nur uns aufgefallen, dass Sänger Paul Smith gerne und oft über die Songs redet, sie teilweise auch versucht zu erklären - das ist etwas, was viele andere Bands absolut nicht machen (wollen). Maximo Park ist in der Hinsicht anders - ist das so, um anders zu sein oder redet Paul einfach gerne über die Songs? Lukas: "Es gibt nie eine bestimmte, definitive Erklärung für einen Song. Paul hat immer gesagt, dass es eine offene Angelegenheit ist, und die Texte sind in solch einer Weise geschrieben, dass die Leute ihre eigenen Situationen dort hinein projizieren können. Deswegen scheinen die Leute sich auch so gut mit den Songs zu identifizieren, denn sie können Teile ihres Lebens dort entdecken. Und wenn man dabei hilft, den Song noch besser zu verstehen, ist es ja keine schlechte Sache - auch wenn vielleicht die Deutung eines Songs sich immer noch von dem unterscheidet, wovon er vielleicht in Wirklichkeit handelt. Aber so hat jeder seine eigene Interpretation, und das macht die Sache wiederum sehr spannend. Die Songs sind sehr emotional, und wenn wir auf der Bühne sind, ist das ein Teil des Prozesses, dass wir so energetisch sind, denn die Songs begleiten uns schon sehr lange, sie sind auf sehr emotionale Weise aus uns heraus entstanden, und man will einfach dieses Gefühl mit den Leuten teilen." Was ist denn in dieser Hinsicht eure Definition von "guter Musik"? Duncan: "Uns geht es vor allem um die Melodie. Der Beat ist natürlich auch wichtig und in letzter Zeit interessieren wir uns auch sehr für Arrangements, wir wollen nicht immer alles auf die einfache, direkte Weise schreiben. Es ist aber kein revolutionärer Unterschied zu vorher, vielleicht nur ein kleiner, und letztendlich geht es hier um einen Pop-Song. Aber wir denken immer an die Melodie und daran, dass auch die Leute, die nicht Englisch sprechen, mitsingen können. Neulich waren wir in Thailand, und auch wenn die meisten dort vielleicht nicht verstanden haben, worüber wir singen, sie haben dennoch die Leidenschaft und das Gefühl eingefangen. Das ist, was für uns gute Musik ausmacht: Eine Melodie, die man mitsingen kann und die einem ein gutes Gefühl gibt. Und so viele Bands vergessen heutzutage leider die Melodie!" Lukas ergänzt: "Und Ehrlichkeit ist wichtig! So viele Bands versuchen, ein bestimmtes Rock N Roll-Klischee auszuleben, sie haben von den ganzen Genre-Dingen gehört und wollen sie nachmachen. Das ist nichts für uns. Gute Musik bedeutet, etwas Neues zu sagen, nicht etwas zu wiederholen, das man schon so oft gehört hat. Man muss etwas Einzigartiges entdecken können."

Das Debüt-Album "A Certain Trigger" wurde vor über einem Jahr veröffentlicht, ab und zu konnte man ein paar neue Songs im Live-Set von Maximo Park ausmachen. Ist das die übliche Herangehensweise an neue Songs, sie erstmal live zu testen? Duncan: "Maximo Park ist in erster Linie eine Live-Band - das war schon immer so, auch bei den Bands, mit denen wir früher gespielt haben. Wenn wir einen Song fertig haben, wollen wir ihn live spielen - da wir natürlich nicht alle neuen Songs vor der Platten-Veröffentlichung live spielen wollen, testen wir sie auch sehr oft beim Soundcheck. Je öfter man einen Song live spielt, desto mehr Ideen ergeben sich, und das Gefühl für den Song wird natürlich stärker. Wenn man ihn dann letztendlich im Studio einspielt, geht das meistens sehr schnell." Das zweite Album steht auf dem Programm - was meint denn die Band: Wird es diesmal einfacher, weil man die Vorgehensweise im Studio kennt, oder wird es ganz klischeemäßig das schwierige zweite Album? Lukas: "Es ist definitiv anders als beim ersten Album, es wird ein anderer Prozess werden. Für das erste Album haben wir die Songs zwei oder drei Jahre lang live gespielt, wir wussten, dass wir sie nicht groß verändern brauchten. Aber diesmal wird es im Studio schon anders sein - da sollten wir uns mehr auf neue Ideen konzentrieren, und auch darauf, bestimmte Sachen direkt im Studio zu schreiben. Da ist dieses unbekannte Element - es macht einen nervös, aber es ist dennoch auf positive Weise aufregend." Duncan: "Wir beschäftigen uns eigentlich non-stop mit Musik - und wenn wir selbst welche machen, dann denken wir natürlich über die Qualität nach, denn wir wollen das Bestmögliche aus uns herausholen. Momentan haben wir nicht das Gefühl, dass die zweite Platte schwierig wird - diese kreative Songschreibe-Phase ist mit das Spannendste im Leben eines Musikers. Natürlich wird es im Studio diese Momente geben, wenn wir nächtelang an einer bestimmten Stelle eines Songs basteln und scheinbar kein Ende finden werden - aber das ist Teil der ganzen Sache, und das macht es zusätzlich spannend." Als Produzenten konnten Maximo Park Gil Norton gewinnen, der in der Vergangenheit solch großartige Platten wie "Doolittle", "Trompe Le Monde" und "Bossanova" von den Pixies oder auch Tonträger der Foo Fighters und Feeder veredelt hat - und er ist dafür bekannt, dass er schnell zur Sache kommt und einen natürlichen Sound bevorzugt. Waren das die Argumente für Gil Norton? Duncan: "Wir wollten einen rockigeren Sound, und er war der erste, der direkt darauf angesprungen ist. Wir haben ihm bereits einige Demos geschickt, und er hat sich direkt mit den Songs auseinander gesetzt und eigene Ideen entwickelt, die uns auch sehr gefallen haben - außerdem hat er fast umgehend verlauten lassen, dass er es unbedingt machen will, wohingegen andere Produzenten, die wir auch auf der Liste hatten, noch zögerten und Zeitprobleme vorschuben. Also scheint Gil genau der richtige Mann für uns zu sein!"

Maximo Park
Live macht die Band eine Menge her - sei es die Energie, die direkt auf das Publikum überspringt oder auch einfach ein schöner Bühnen-Backdrop. Das ist stimmig, das macht Spaß anzusehen. War das auch vielleicht ein Grund, so früh in der Band-Karriere eine DVD zu veröffentlichen? Duncan: "Wenn Leute vielleicht bisher nur das Album gehört haben, oder uns gar nicht kennen, dann könnte diese DVD schon einiges erklären, wo wir herkommen und was wir sind - denn wir sind eine Live-Band!" Lukas: "Wir sind uns daüber im Klaren, dass eine Band auch ein visuelles Element beinhaltet. Wir sind keine Rock-Band, sondern eine Pop-Band, und in der Pop-Musik spielt das visuelle Element eine große Rolle. Wenn jemand auf der Bühne ein seltsames Kleidungsstück angezogen hat, dann zieht das natürlich eine gewisse Aufmerksamkeit auf sich, auch wenn noch kein Ton gespielt wurde. Es ist einfach eine Erweiterung, ohne dabei die Musik zu vernachlässigen - denn die Musik hat natürlich oberste Priorität! Die DVD ist erschienen, weil wir uns eine Auszeit zum Songschreiben genommen haben und das Label in der Zwischenzeit natürlich noch ein wenig Geld verdienen wollte - aber wir haben trotzdem versucht, die DVD auf unsere Weise einzigartig zu machen. Der Großteil wurde von Freunden von uns gefilmt, und das strahlt schon etwas Besonderes aus, denn sie kennen uns besser als z.B. eine MTV-Film-Crew, die einfach nur das Konzert aufzeichnen soll. So etwas gibt es auf der DVD auch, aber auf der anderen Seite ist dort auch eine kleine Dokumentation enthalten, die zeigt, dass wir keine Rock-Stars sind, sondern einfach nur fünf Menschen. Das war auch ein Grundgedanke der DVD, den wir zeigen wollten: Wir sind einfach nur fünf Menschen."

Weitere Infos:
www.maximopark.com
www.warprecords.com/artists/artist.php?artist=mp
Interview: -Carsten Wohlfeld & David Bluhm-
Fotos: -Pressefreigaben-
Maximo Park
Aktueller Tonträger:
Found On Film
(Warp/Rough Trade)
 

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