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17.10.1999
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HEFNER

Der Wire-Gedächtnis-Preis 1999 geht an: Hefner

Hefner
"Ich glaube nicht, daß es viele Bands gibt, bei denen sich die Mitglieder so gut verstehen wie bei uns", lacht Hefner- Sänger/Gitarrist/Songwriter Darren bei unserem Gespräch im Kölner Cafe Central. "Wir streiten uns nie". Das Interessante dabei ist, daß sich Darren und Drummer Antony Harding schon früher des öfteren in Bands über den Weg gelaufen sind - und sich nicht ausstehen konnten! Deshalb fällt John Morrison nicht nur die Aufgabe zu, den Baß zu spielen, sondern auch für einen Ausgleich zwischen Darren und Antony zu sorgen. Was ausgezeichnet klappt, wie das zweite Hefner-Album innerhalb nur eines Jahres beweist.

Ohne auf irgendwelche Trends zu schielen klingen die Briten auch auf ihrem zweiten Album, "The Fidelity Wars" schwer nach End-70ern oder frühen 80ern und liefern so genau die Platte ab, auf die wir von Elastica nun schon seit Jahren vergeblich warten. Und nicht nur die Trends lassen Hefner links liegen, wie uns Darren erklärte. "Verglichen mit den meisten anderen Bands sind wir nicht sehr ambinitioniert. Ein bißchen kann man das auch auf der Platte hören. Wir machen auch keine Sachen, bei denen es nur um's Geldverdienen geht. Der Sound und der Spaß kommen immer an erster Stelle." Auch wenn sich die Engländer nicht aktiv dagegen sträuben, mehr im Rampenlicht stehen, haben sie mit einigen Entscheidungen doch ihr Label fast zur Verzweiflung gebracht. "Wir haben es abgeleht, als Vorgruppe von sowohl Garbage, als auch Gene und Ultrasound zu spielen, die uns alle persönlich eingeladen hatten und wir wollten auch nicht auf der vom NME gesponsorten Premier-Tour spielen. Da haben einige Leute beim Label und einiger unserer Freunde schon gedacht, daß wir entweder dumm oder verrückt sind."

Produziert hat das neue Album - auf dem übrigens der legendäre Weather-Prophets-Sänger/Gitarrist Pete Astor einen Gastauftritt hat - Miti, eigentlich Toningenieur bei der BBC und dort verantwortlich für die John Peel Sessions. Die spartanisch- dynamischen Tracks der Radioshow sind ja nicht erst seit gestern legendär und genau dieser angenehm dünne Sound zieht sich nun über die ganze Albumlänge. "Ich hatte zwei Dinge im Kopf, als ich mich zum ersten mal mit Miti getroffen habe, um das Album zu diskutieren: Erstens, wie würden wir den Sound hinbekommen, der mir vorschwebte und zweitens, in welcher Umgebung würden wir die Platte aufnehmen.

Ich habe ihm dann ein paar Platten mitgebracht, um zu illustrieren, was ich meine: Television, The Specials, Dexy's Midnight Runners und einige Soul-Platten aus den 60er und 70ern. Wir haben Miti ausgesucht, weil wir am liebsten ohne Kopfhörer in einem großen Raum aufnehmen wollten. In den meisten Studios hast du kleine Separes mit Screens dazwischen, damit du nachher einzelne Instrumente neu einspielen kannst. Bist du in einem großen Raum, nehmen natürlich alle Mikrophone alles auf. Aber genau so wollten wir arbeiten. Die meisten Produzenten mögen das nicht, weil sie Angst haben, daß du dir's nach ein paar Tagen doch anders überlegst und Overdubs machen möchtest und dann ist es zu spät. Also hab ich - schon bei unserer ersten BBC-Session - zu Miti gesagt: So wollen wir aufnehmen, egal, ob dir das gefällt oder nicht. Er sagte nur: Kein Problem: Genau so ist es mir auch am liebsten. Deshalb war er für das Album erste Wahl und er wird auch unser nächstes Album produzieren, wenn nichts dazwischenkommt."

Mit "The Hymn For The Cigarettes" ist Hefner wirklich eine echte Hymne rausgerutscht. Alleine dafür geht der Wire-Gedächtnis-Preis '99 geht ohne Zweifel an Hefner! Darren: "Ja stimmt, auf der ersten Single gibt es eine Passage, die nach Wire klingt. Ich muß allerdings gestehen, daß ich von Wire nur die Hits kenne."

Da wir gerade bei Zigaretten sind. Wirklich p.c. ist es ja nicht, im ersten Song "The Hymn For The Cigarettes" vom Rauchen zu schwärmen und zwei Songs später dann "The Hymn For The Alcohol" zu intonieren, oder?

"Findest du?" fragt Darren erstaunt zurück. Ja, zumindest in Amerika und einigen anderen konservativen Ländern kommt das bestimmt nicht so gut an. "Amerika? Fuck 'em!" grinst Darren. "Wie kann man es überhaupt schaffen, NICHT über Zigaretten und Alkohol zu schreiben? Was machen die Leute schon? Sie essen, schlafen, haben Sex, sie rauchen und sie trinken. Warüber kann man sonst schon schreiben?"

Schauen wir noch kurz in die Zukunft. Für den Moment würden Hefner - die übrigens ihre Lieblingsband Built To Spill letztes Jahr in so vielen Interviews gepusht haben, daß sie von den Amerikanern als Dank zur Show in London eingeladen wurden - am liebsten alle paar Monate ein neues Album veröffentlichen, das nächste ist bereits in Arbeit. Endlos weitermachen wollen sie aber nicht, wie Darren mit typisch englischer und irgendwie liebenswerter Arroganz erklärt: "Ich mag keine Bands, die zu viele Alben machen. Das ist ganz einfach nur schrecklich."

Weitere Infos:
www.hefnet.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-

Aktueller Tonträger:
The Fidelity Wars
(Too Pure/Zomba)
 

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