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13.02.2009
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PASCAL FINKENAUER

Abgetaucht

Pascal Finkenauer
Bekannt geworden ist Pascal Finkenauer weder mit seinen Bands noch mit seinen Songs – sondern durch seine Mitarbeit am Fettes Brot-Song "An Tagen wie diesen". Und das scheint ihn nicht zu stören. Auch aktuell hat er es mit den Hamburger Hip Hoppern zu tun, ist auf ihrer "Ich lass dich nicht los"-Single zu hören und mit ihnen auf Tour. Und findet es völlig okay, wenn schnell von den Broten die Rede ist, wenn es eigentlich um ihn gehen sollte. "Dadurch kennen mich nun mal die meisten", sagt er im Interview mit Gaesteliste.de. "Viele kennen meinen Namen, aber nicht meine eigene Musik. So haben sich natürlich die Aufmerksamkeit und auch die Möglichkeiten zu arbeiten verändert. Daher würde ich sagen, war es schon wichtig und glücklich und viele fanden dadurch ja erst zu meiner Musik. Ein wenig schwierig jedoch ist das Kategorisieren. Leute denken, weil ich mit den Jungs unterwegs bin, würde ich musikalisch genau das Gleiche machen. Aber das ist okay. Für mich ist es eine tolle Erfahrung, in diesem Umfeld als Musiker zu arbeiten. Gerade weil es eben nicht genau das ist, was ich sonst mache." Ganz im Gegenteil sogar.

Auf seinem dritten Album "Unter Grund" spielt sich Pascal Finkenauer durch Pop und Pathos, durch Beats und Chanson, durch Indie und Willkür. In den Songs sind sowohl Reiser als auch Regener zu entdecken, Die Sterne und Selig und manchmal sogar ein bisschen Witt. Es ist spannend und vielfältig, klingt laut und leise und stets verwirrend und logisch zugleich. Gewollt? "Ja, die Platte tatsächlich so geworden, wie ich sie mir vorgestellt habe." Doch es war kein Ziel von Herrn Finkenauer, eine musikalisch so abwechslungsreiche Platte zu machen. "Aber das zieht sich durch meine Platten. Immer das Gleiche zu machen, würde mich wohl einfach nur langweilen."

GL.de: Wie würdest du deinen Sound beschreiben?

Pascal Finkenauer: Das kann ich nicht wirklich. Meine Musik besteht aus so vielen Einflüssen, die ich übers Leben mitgenommen habe, und die ändern sich zudem noch täglich. Ich suche ständig nach neuen Eindrücken, die mich interessieren. Der Text muss mit der Musik zusammenlaufen. Jedes Stück hat einen anderen Charakter. Es ist schwierig, einen roten Faden in meiner Musik zu finden. Aber genau darin liegt die Ursache: Die ganze Sache ist regellos, beruht nicht darauf in eine Uniform gesteckt zu werden, damit man sie an jeder Ecke wieder erkennt.

GL.de: Woher nimmst du deine Inspirationen?

Pascal Finkenauer: Ich laufe durch die Gegend, beobachte Dinge. Wie wir miteinander kommunizieren, das ganze soziale Spektakel. Ich schaue mir viele Filme an. Und immer wieder trifft man, wenn auch in Büchern, oder auf Platten, auf große Künstler, die Beeindruckendes geschaffen haben. Menschen, deren Besessenheit extrem antreibend sein kann. Das fordert heraus.

GL.de: Wer meinst du wird diese Platte mögen?

Pascal Finkenauer: Ich freue mich über jeden, der meine Perspektive teilt. Ehrlich gesagt mache ich mir in der Entstehung der Musik keine Gedanken darüber, wer sie mögen könnte. Am Ende werden diejenigen, die sich Zeit zur Auseinandersetzung mit der Platte nehmen, auch die sein, die sich davon angesprochen fühlen.

GL.de: Kannst du uns etwas über die Entstehung und der Produktion der Platte erzählen?

Pascal Finkenauer: Geschrieben und produziert habe ich sie zu Hause, in meinen vier Wänden. Da habe ich alles alleine gemacht. Das war nicht beabsichtigt, es hat sich einfach so ergeben. Die "Demos" waren so weit, dass ich meinte, sie auch in dieser Form veröffentlichen zu können. Mein Kumpel DJ Exel Pauly (DJ Fettes Brot) hat dann mit mir in vier Nächten den Gesang aufgenommen und auch zwei Stücke des Albums gemischt. Ich rief Swen Meyer (Tomte, Kettcar) an, mit dem ich auch schon an der letzten Platte gearbeitet habe, und er mischte das Material. In Düsseldorf wurde die Platte dann von Michael Schwabe (Monoposto) gemastert. Es ging alles relativ schnell.

GL.de: Wo und wie siehst du "Unter Grund" im Vergleich zu "Beste Welt"?

Pascal Finkenauer: Die Platte ist dunkler geworden. Die akustische Gitarre habe ich meist durch eine elektrische ersetzt und das Piano steht weiter im Hintergrund. Die Sichtweise des Erzählers hat sich auch verändert. Ich habe letztens etwas über die klassische Form des Bildungsromans gelesen und da fiel mir auf: Wenn man die Entwicklung des Protagonisten meiner letzten drei Platten in Form eines Entwicklungs- bzw. Bildungsromans sähe, dann ist nach dem Aufbruch und der ersten Auseinandersetzung mit einem neuen Umfeld nun die Ernüchterung und Verbitterung über gewisse Umstände angesagt. Aber das war nur so ein Gedanke...

GL.de: Gibt es eine Story hinter dem doch eher düsteren Artwork?

Pascal Finkenauer: Ich wollte, dass die ganze Platte klingt und aussieht, als hätte man sie in schwarze Tinte getaucht. Nicht, weil es mir darum ging, daraus eine Schwarzmalerei zu machen, sondern das "in den Untergrund gehen" ist als Auseinandersetzung mit sich selbst zu sehen. Ein Neuanfang. Zu Boden gehen, eingraben, in der Zurückgezogenheit alles aufgeben, und als anderer von vorn beginnen. In die eigene Illegalität gehen. Also nicht staatlich, sondern die eigenen Regeln untergraben. Und da unten, egal ob physisch, psychisch, beruflich, sozial, da ist es eben erstmal ziemlich dunkel.

Pascal Finkenauer
GL.de: Was wäre das größte Kompliment, das man dir für "Unter Grund" machen könnte?

Pascal Finkenauer: Danke - oder so etwas in der Art. Das ist eine unglaublich schöne Geste.

GL.de: Und was muss passieren, damit du sagen kannst, "Unter Grund" ist ein Erfolg?

Pascal Finkenauer: Für mich ist es schon jetzt ein Erfolg. Natürlich noch nicht kommerziell. Aber der Traum, irgendwann mal eine Platte selbst zu veröffentlichen und die Platte dann wirklich in Händen zu halten, auch dank der Arbeit und Hilfe von vielen, die mich unterstützt haben - Grafiken, Videos, das Diskutieren, das Bürokratische dieses kleinen Gewerbes - das all das geklappt hat, macht mich ziemlich zufrieden.

GL.de: Du trittst beim Bundesvision Song Contest auf - doof gefragt: warum?

Pascal Finkenauer: Ich habe dort als unabhängiges Label die Möglichkeit, einem breiteren Publikum einen ersten Eindruck zu vermitteln. Das ist, als ginge man auf eine Party, auf der man fast keinen kennt und sagt: "Hallo hier bin ich und das mach ich" - und man ahnt es nicht, aber daraus kann eine längere Freundschaft entstehen. Allerdings habe ich ein Stück ausgesucht, das nicht so leicht zugänglich ist. Also nicht das kommerziellste. Also eher: Ich gehe auf eine Party, auf der die meisten eine andere Sprache sprechen. Aber der Abend wird trotzdem gut, denke ich.

GL.de: Was können wir von dir 2009 noch von erwarten? Wie sind deine Pläne?

Pascal Finkenauer: Ich hoffe, live zu spielen, ich werde bestimmt an neuem Material arbeiten, und es werden sich mit größter Sicherheit noch ein paar Sachen auftun, von denen ich selbst noch nichts weiß.

GL.de: Gibt es derzeit "nur" deine Solo-Karriere oder wird es vielleicht auch mal wieder was von deinen früheren Bands JAW oder The Black Cherries geben?

Pascal Finkenauer: Da wir immer noch beste Freunde sind, gibt es auch immer wieder mal neue Stücke, die wir nebenbei schreiben. Wer weiß, vielleicht wird es was Neues geben. Festlegen tue ich mich auf nichts. Ich weiß nur, dass ich mit diesen drei Projekten alles musikalisch abdecken kann, was mich interessiert.

GL.de: Was war der bisher größte Moment und was die größte Enttäuschung in deiner musikalischen Karriere?

Pascal Finkenauer: Dass es Leute gibt, die eine Platte von mir zu Hause haben, dass ich all das überhaupt mache. Ein einziger großer Moment. Eine Enttäuschung ist dieses Festhalten an Gleichförmigkeit, die stellenweise von dir als Musiker eingefordert wird. Ich will mich partout nicht in ein Quadrat stecken lassen. Dass so etwas überhaupt erwartet wird, ist für mich der Beweis einer eher gelangweilt in Kategorien denkenden Kultur.

Weitere Infos:
www.pascalfinkenauer.com
www.myspace.com/pascalfinkenauer
Interview: -Mathias Frank-
Fotos: -Pressefreigaben-
Pascal Finkenauer
Aktueller Tonträger:
Unter Grund
(Pascal Finkenauer Tonträger/Indigo)
 

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