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20.11.2009
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HELLO=FIRE

"Things find you!"

Hello=Fire
Noch immer sagt der Name Dean Fertita nur den wenigsten etwas, dabei war der sympathische Amerikaner Aushilfsmusiker bei The Raconteurs, ist Keyboarder von QOTSA und natürlich auch Gitarrist / Songwriter der neuen Supergroup The Dead Weather. Mit seinem Alleingang unter dem Namen Hello=Fire lebt er nun die Liebe zu allen musikalischen Spielarten der 60s aus, die schon seine alte Kultband The Waxwings auszeichneten: Ein wenig Power-Pop, ein Schuss Garagen-Rock, einige psychedelische Anwandlungen und ein stets unwiderstehlicher Groove. Wir trafen Dean vor dem sensationellen Dead Weather-Konzert in Köln in den Katakomben des E-Werks und sprachen mit ihm dabei nicht nur über sein Soloalbum.

Als Dean zum letzten Mal im E-Werk auf der Bühne stand, war er lediglich im Hintergrund als Gastmusiker der Raconteurs dabei. Als wir die Band damals fragten, warum er kein offizielles Bandmitglied sei, bekamen wir als Antwort: "Das Problem ist, dass Dean wirklich gut aussieht. Wir verstecken ihn nur, weil er mehr hermacht als wir!" - "Das war bestimmt Jack [White], der das gesagt hat", vermutet Dean lachend. Stimmt! Wie zum Teufel hat er es also geschafft, dass Jack ihn bei Dead Weather nicht mehr verstecken will? "Das Ganze war praktisch ein Unfall", verrät er. "Alison [Mosshart] und Jack wollten ein gemeinsames Projekt angehen, nachdem The Kills im Vorprogramm der Raconteurs aufgetreten waren. Da ich ja leider bei der letzten Raconteurs-Tournee nicht dabei sein konnte, war ich lediglich in der Gegend, weil ich mir die letzten beiden Konzerte anschauen und anschließend ein paar Tage bei Jack verbringen wollte. Als sich die beiden dann entschlossen, die erste Dead Weather-7" sofort aufzunehmen, war ich zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich hab einfach Glück gehabt!"

Zwar sind The Dead Weather stärker im Blues verwurzelt, als es The Waxwings je waren oder Hello=Fire es sind, aber Deans Interesse am Blues ist keineswegs neu, wenngleich er in Detroit in einer Jugend durch das Radio vor allem mit Classic Rock in Kontakt kam. "Als ich 17 war, gab mir ein Freund 'Blonde On Blonde' und 'Exile On Main Street', und von dem Tag an habe ich genauso viel zurück wie nach vorne geschaut. Ich habe mir all die Sachen angehört, durch die diese beiden Platten beeinflusst worden sind, und das führte mich natürlich unweigerlich zum Blues. Der Einfluss war also schon immer da, er war nur nie so deutlich wie jetzt bei The Dead Weather."

Doch nicht nur bei The Dead Weather ist Dean eher beiläufig gelandet. Auch um den Posten als Keyboarder bei Queens Of The Stone Age musste er sich nicht bewerben. "Hutch, der Soundman der Queens, war 2006 mit den Raconteurs auf Tour, und als sich die Band auf die 'Era Vulgaris'-Tournee vorbereitete und jemanden für die Keyboards suchte, rief er mich an, und so kam ich zu dieser Familie", erinnert er sich. Wenn man Deans bisherige Karriere verfolgt hat, kann man leicht den roten Faden erkennen, der sich von seinen Platten mit den Waxwings über seine Arbeit mit den Raconteurs und Brendan Benson bis hin zu The Dead Weather und Hello=Fire zieht, die Queens dagegen scheinen musikalisch doch ein anderes Terrain zu sein, oder? "Ich kann gut verstehen, dass das für einen Außenstehenden so wirkt, in der Realität fiel mir der Einstieg in die Band aber unglaublich leicht. Wir mögen einfach die gleichen Platten und ich verstand sofort, worum es ihnen ging. Das war wirklich einfach. Außerdem hat es mich als Musiker deutlich weitergebracht. Ich musste - künstlerisch wie persönlich - ein Stück weit aus mir herausgehen und mich der neuen Herausforderung stellen."

Interessant auch, dass die meisten den Gitarristen Dean in den letzten Jahren vor allem als Mann an den Tasten kennengelernt haben. Sieht er die Keyboards inzwischen als sein Hauptinstrument? Er überlegt kurz und sagt dann: "Ich denke, ich fühle mich mit der Gitarre immer noch wohler. Als ich bei den Aufnahmen des Dead Weather-Albums Gitarre spielte, fiel mir auf, wie sehr ich das vermisst hatte!" Dass er die Gitarre in den letzten Jahren vorübergehend an den Nagel gehängt hatte, war - man ahnt es schon - ebenfalls Zufall. "Dass ich überhaupt zu den Tasteninstrumenten zurückgekehrt bin, verdanke ich Brendan [Benson]. 2004 fragte er mich, ob ich ihn auf einer kleinen Promotournee begleiten wolle. Ich dachte mir, dass es viel interessanter wäre, wenn wir nicht beide Gitarre spielen würden, also setzte ich mich ans Keyboard, und das eröffnete mir eine völlig neue Welt. Das Klavier war das erste Instrument, das ich im Alter von 6 bis 13 gespielt habe. Ich spielte all diese klassischen Sachen, bis ich eine Gitarre bekam und mich AC/DC mehr interessierten. Es hat mir aber großen Spaß gemacht, das Instrument wieder neu zu erlernen, und ich denke, die Pause hat mir gutgetan, denn als ich wieder anfing, hatte ich nicht mehr die klassischen Sachen, sondern eher Rock N Roll-Pianisten wie Nicky Hopkins im Kopf. Ich habe das Instrument mit völlig anderen Augen gesehen."

Aus der kurzen Brendan-Duo-Promotour wurde letztlich eine längere Konzertreise mit kompletter Band, mehr noch, sie entwickelte sich zur Keimzelle für Hello=Fire. Nicht nur, dass Brendan bei rund der Hälfte der Stücke von Deans selbstbetiteltem Solo-Erstling als Co-Autor, Produzent und Multiinstrumentalist fungierte, auch Michael Horrigan, einst Drummer bei The Afghan Whigs und in Brendans damaliger Touringband als Bassist dabei, saß bei einigen Songs am Schlagzeug. Bei einigen anderen Stücken halfen dagegen Troy Van Leeuwen, Michael Shuman und Joey Castillo von den Queens als Deans Band aus. Kein Wunder, schließlich entstand das Album in nachmittäglichen Sessions "on the road". Obwohl die Aufnahmen eigentlich nur als Demos gedacht waren, ist eine Platte dabei herausgekommen, die wie aus einem Guss und noch dazu herrlich unangestrengt klingt. "Wenn sich das Album für dich so anhört, ist das toll", freut sich Dean. "Ich war mir lange nicht sicher, ob die notwendige Kontinuität vorhanden ist, denn die Aufnahmen entstanden nun einmal an konzertfreien Tourneetagen, an verschiedensten Orten, gemeinsam mit den Leuten, die gerade greifbar waren." Ob des positiven Feedbacks, das er von Freunden erhielt, an die er die Aufnahmen schickte, ließ er sich davon überzeugen, sie als Album zu veröffentlichen - ohne sie, wie eigentlich geplant, noch einmal großartig zu überarbeiten oder gar neu einzuspielen. Dazu war und ist Dean derzeit auch einfach viel zu beschäftigt. Selbst zum Umziehen, so scheint es, fehlt ihm momentan die Zeit. Denn während viele seiner Weggefährten Detroit inzwischen verlassen haben - Jack und Brendan zum Beispiel leben inzwischen beide in Nashville -, ist Dean immer noch in der früheren Motor City heimisch. Noch... "Ich habe das Gefühl, dass auch meine Zeit dort abläuft", gesteht er. "Vermutlich wird es mich dann auch nach Nashville verschlagen, denn ich bin kein großer Freund von Beschäftigungslosigkeit. Nach einer Tournee zwei Wochen zu Hause auszuruhen, ist toll, aber dann juckt es mich wieder in den Fingern und ich mache mich auf den Weg nach Nashville oder L.A. [dem Hauptquartier der Queens]. Es wäre also durchaus sinnvoll, meinen Krempel gleich dort zu deponieren."

Nun ja, über Beschäftigungslosigkeit kann sich Dean nun wahrlich nicht beschweren, und er ist zuversichtlich, dass sich das auch in Zukunft nicht ändern wird. So ist ein kleiner Satz, den er bei unserem Gespräch eigentlich nur am Rande fallen lässt, nicht nur eine gute Zusammenfassung seiner Karriere in den letzten Jahren, sondern etwas, das sich praktisch als sein Lebensmotto erweisen könnte. Wie der Satz lautet? "Things find you!"

Weitere Infos:
www.helloequalsfire.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
Hello=Fire
Aktueller Tonträger:
Hello=Fire
(Schnitzel/Rough Trade)
 

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