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20.09.2013
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PLACEBO

Entspannt

Placebo
Sind Placebo so etwas wie gute alte Freunde? Die man vielleicht einige Zeit nicht sieht, aber nicht vergessen hat und dann plötzlich hört man wieder von einander und versteht sich bestens, obwohl sich vielleicht in beiden Welten einiges oder weniges verändert hat? So jedenfalls scheint es, wenn man sich das neue Album "Loud Like Love" anhört - es sind immer noch eindeutig und unverkennbar Placebo, hier und da entdeckt man vielleicht etwas mehr Elektronik-Einsatz, aber ansonsten sind sie sich sehr treu geblieben. Wir redeten kurz darüber mit Sänger Brian Molko.

GL.de: Was ist die größte Herausforderung für eine Band, die fast 20 Jahre im Geschäft ist?

Brian: Du musst versuchen, dich klanglich und inhaltlich breiter aufzustellen, gleichzeitig darfst du natürlich auch das, was dich im Wesentlichen zuvor ausgemacht hat, nicht aus den Augen verlieren, damit du niemandem vor den Kopf stößt.

GL.de: Heißt das, du schreibst eine Reihe Songs und verwirfst sie dann, weil du feststellst, dass du dasselbe bereits zuvor in anderen Songs gesagt oder thematisiert hast?

Brian: Wenn es nötig ist, tue ich das. Manchmal bist du im Proberaum, du jammst, dir kommt etwas in den Sinn und du magst es, bis dir klar wird, dass du es magst, weil es die minderwertige Version einer Idee ist, die du zuvor schon mal gehabt hast. Im ersten Moment fragst du dich: Warum klingt das so vertraut? Die Antwort ist: Weil du das Gleiche vor sieben Jahren schon mal gemacht hast! Das ist nicht schlimm, wichtig ist nur, dass man es merkt, dass man sich gewissermaßen selbst ertappt.

GL.de: Ihr steht offen zu euren Einflüssen wie Radiohead oder Sigur Rós, während andere etablierte Bands gerne so tun, als ginge sie die Musik anderer nichts mehr an...

Brian: Ich finde, es ist schwierig, nicht von der Musik anderer beeinflusst zu sein. Wenn manche Künstler behaupten, bei ihnen sei das anders, dann kaufe ich ihnen das ehrlich gesagt nicht wirklich ab.

GL.de: Hörst du Musik noch als Fan oder mit den Ohren eines Musikers?

Brian: Die erste Frage ist immer: Fesselt mich etwas oder nicht? Dann ist da aber auch dieser Teil in mir, der den Song studiert und zu schätzen weiß, wenn etwas clever geschrieben und produziert wurde, der in manchen Fällen den Einfallsreichtum würdigt, der dem Stück zugrunde lag, und in anderen Fällen die vollkommene Simplizität eines Songs.

GL.de: Apropos Simplizität: Vermisst du in den Zeiten der digitalen Studios manchmal die gute alte analoge Zeit?

Brian: Nein! Die Entwicklung der Technik macht uns die Arbeit inzwischen unglaublich viel leichter. Es gibt keine Aufnahme-Session, bei der ich mich nicht an irgendeinem Punkt zu Stefan umdrehe und sage: "Du kannst gar nicht glauben, wie froh ich bin, dass wir unsere Platten nicht in den 60er-Jahren aufgenommen haben!" Heute ist alles so viel einfacher, wenn es um das Aufnehmen und Zusammenfügen einer Platte geht. Früher war ich unglaublich nervös, ich hatte sogar Panikattacken, wenn der Produzent die Rasierklinge zückte, um fürs Editing das Band zu zerschneiden - und sobald es zerschnitten zwar, gab es kein Zurück mehr! Das hat mir unglaublich Angst gemacht. Außerdem geht heute alles viel schneller, und das bedeutet, dass du in der gleichen Zeit viel mehr schaffen kannst.

GL.de: In einer Hinsicht bist du aber schon etwas altmodisch. Bei "Too Many Friends" vom neuen Album scheint eine deutliche Abneigung gegen Social Media durch!

Brian: Die heutige Technik gibt uns die Möglichkeit, mit anderen immer und überall in Verbindung zu treten. Aber tun wir das wirklich, wenn wir in der richtigen Welt doch noch nicht einmal in der Lage sind, eine Verbindung zur Person vor uns herzustellen? Außerdem vergessen viele, welchen Preis sie dafür bezahlen. Schließlich geht es dabei keinesfalls um Freiheit oder um Menschen, die sich verbinden. Das Tun von Mark Zuckerberg hat nichts Altruistisches. Ihm geht es doch nicht darum, aus der Welt einen besseren Ort zu machen! Es geht ausschließlich darum, dass eine sehr kleine Gruppe von Menschen haufenweise schmutziges Geld verdient. Wer etwas anderes glaubt, ist vollkommen naiv.

Weitere Infos:
www.placeboworld.co.uk
www.facebook.com/officialplacebo
Interview: -Martin Nowak-
Foto: -Pressefreigabe-
Placebo
Aktueller Tonträger:
Loud Like Love
(Vertigo/Universal)
 

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