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09.02.2016
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HINDS

Verrückt nach Liebe

Hinds
Vom Silbersack zum Molotow. Spanischer Flair liegt in der kalten Luft. Es ist der 16. Januar 2016 und wir treffen Hinds zum Interview im Club direkt auf der Reeperbahn. Hinds, DIE Newcomerband aus Spanien, haben gerade ihr erstes Album "Leave Me Alone" veröffentlicht und es ist der dritte Abend ihrer Welttournee. Nach Problemen beim Soundcheck finden sich Ana und Amber um Schlag 19 Uhr backstage zum Gespräch ein. Carlotta und Ade sind nicht dabei. Amber bedient das Schlagzeug. Ana ist eine der Sängerinnen und spielt Gitarre. Die beiden sind gut drauf. "Wir sind ganz schön verkatert, wir waren letzte Nacht in Berlin und wir haben einfach zu viel gefeiert. Nun sind wir sehr aufgeregt, weil wir das letzte Mal auch schon hier im Molotow gespielt haben. Wir hatten wirklich viel Spaß, die Aftershowparty war super, der DJ legte auf und es wurde echt verrückt, wir tanzten mit einer Lampe auf dem Merchandise-Stand", sagt Ana.

GL.de: Also genießt ihr das Tour-Leben und mit eurem ersten Album unterwegs zu sein?
Beide: Oh ja, sehr.
Ana: Es ist wirklich was anderes in so großen Läden zu spielen, wir haben nun erst zwei Konzerte der Tour gespielt, in Lille in Frankreich und gestern in Berlin im Lido, es war echt groß und das ist verrückt. Das Konzert heute Abend ist ausverkauft und die nächste Show in Frankreich ist auch ausverkauft, alles läuft so verdammt gut.
 
GL.de: Wie alt seid ihr beiden eigentlich?
Amber: 19
Ana: 21

GL.de: Verdammt, ich bin der alte Kerl (beide lachen). Aber ist es da nicht verrückt, mit dem ersten Album so erfolgreich zu sein, die Clubs zu füllen, im Rough Trade in London zu spielen?
Ana: Ja, es ist verrückt. Wir wissen, dass wir sehr jung sind und wir sind wirklich froh, so ein Glück zu haben. Umso jünger du bist, desto einfacher ist es. Ich meine, bis wir hier und jetzt gelandet sind... wir sind ein Jahr getourt, da haben wir auf dem Boden geschlafen, wir haben allen Mist gegessen, es war immer kalt, haben unsere Sachen geschleppt, nichts gemietet. Irgendjemand hat uns immer geholfen, es war echt hart. Jung zu sein hat es einfacher gemacht, (lacht) das alles zu überleben.

GL.de: Somit ist jetzt alles organisierter?
Beide: Ja.
Ana: Ein gutes Beispiel: Das ist unsere erste Tour mit einem Tontechniker, wir hatten vorher keinen. Das war verrückt, weil wir auf dem Glastonbury spielten und einfach keinen Tontechniker hatten (beide lachen), verrückt, echt verrückt! Nun haben wir noch zwei Leute in der Crew, die mithelfen.
Also ist es wirklich das wilde Leben, wie wir es erwarten?

GL.de: Wir reden jetzt nicht über Drogen, aber Alkohol, das Feiern, kein Schlaf - ist das wahr?
Ana: Es ist zu 100 Prozent wahr. (lacht)

GL.de: Also ist es, als würde man den Traum leben?
Ana: Nein, es ist schon mehr Arbeit, als man denkt. Gerade in unserer Band, wir machen alles selber, wir designen alles selber, wir denken an alles, wir suchen uns unsere Vorgruppen aus, wir haben mehrere Labels, wir touren viel, schreiben dabei, es ist echt eine Menge Arbeit, davon träumt doch wirklich keiner.

GL.de: Ihr habt den Abend für viele Bands eröffnet, zum Beispiel für die Black Lips oder auch die Libertines, habt ihr Pete Doherty getroffen?
Beide: Ja!

GL.de: Wie war es, Pete Doherty zu treffen?
Ana: Es war gut, ich denke, er war echt fertig, ich glaube nicht, dass er sich erinnert. Er war nett, danach haben wir ihn echt noch oft getroffen, letzten Februar in Bangkok oder auch vor zwei Wochen in Hong Kong. Ich weiß gar nicht, warum wir ihn zufällig an all diesen Orten treffen. Er ist immer nett, er ist kein Freund, also es fühlt sich nicht so an, als würden wir ihn wirklich kennen, aber er ist immer nett.

GL.de: Wusstet ihr, dass er gerade ein Solo-Album hier in Hamburg aufnimmt?
Beide: In Hamburg?! Wir hatten keine Ahnung.

GL.de: Ja tatsächlich, im Clouds Hill Studio. Euer Albumtitel: "Leave Me Alone", lässt die Frage aufkommen, ob diese Aussage an jemanden bestimmtes geht oder sagt ihr das einfach so?

Ana: Ja, wir sagen das so, zur Sicherheit, als generelles Statement. Das ganze wird größer, unser Team, mehr Leute, mehr Kommentare, mehr Meinungen. Aber nur weil wir Mädchen sind, weil wir jung sind, denkt jeder, er müsse uns seine Meinung erzählen, jeder versucht zu helfen "Nein, ihr solltet das lieber so machen"... Labels streiten über Veröffentlichungen, da haben wir uns gesagt, so, wir müssen echt mit vielen Leuten arbeiten und manchmal müssen wir Dinge abnicken, die wir nie so tun würden... Aber bei der Musik haben wir gesagt, das ist unser Ding, das ist unser Scheiß, das machen wir allein. So wollten wir vier es, wir haben es erst aufgenommen, selber gemischt und dann erst beim Label unterschrieben, anstatt vorher zu unterschreiben. Wir bezahlten das Studio, wir haben alles bezahlt, somit haben wir das Album aufgenommen, wie wir es wirklich haben wollten. Und dann haben wir uns gesagt: Schauen wir, wenn irgendwer das veröffentlich will, soll man uns das sagen und wir reden drüber.

GL.de: Das Album hat einen speziellen, schloddrigen Sound, das Tempo wechselt oft, wolltet ihr das so aufnehmen, habt ihr euch das so vorgestellt?
Ana: Ja, wir wollten ein sehr ehrliches Album und wir haben versucht, alles was wir können live einzuspielen. Einige Songs wurden schon vor einem Jahr geschrieben und wir haben sie bereits live auf Tour gespielt, somit war es einfach, sie auch so einzuspielen. Es ist aber echt verrückt, alles auf einmal einzuspielen. Bei einigen Songs kam der Bass aber später dazu und als ich ein Riff versaut habe, wurde das nochmal aufgenommen.

GL.de: Seid ihr alle an den Texten beteiligt?
Ana: Nein, das sind nur Carlotta und ich.

GL.de: Es fällt auf, dass es viel um Liebe, Gefühle und Exfreunde geht. Sehr oft fällt die Zeile "You Are On My Mind". Wollt ihr den Eindruck vermitteln, auch wenn ihr wütend oder verletzt durch Ex-Freunde seid, dass ihr noch immer Gefühle innehabt?
Ana: Also es geht nicht generell um Ex-Freunde. Es geht halt um die Gefühle, die wir haben, jeder redet von der Liebe, sie ist immer in unseren Gedanken, ich meine, wir verlieben uns wirklich schnell, wir schreiben halt über das, was wir fühlen und sehen, so Zeugs halt.

GL.de: Also geht es nicht um einen Ex-Freund, so frei nach dem Motto, diesem Motherfucker schreibe ich einen Song?
Ana (lacht): Nein, es gibt ganz verschiedene Arten Liebe zu sehen, mit all den dazugehörigen Erfahrungen. In einigen Songs fühlen wir uns sehr positiv, es ist wie in einer Beziehung. Da gibt es Tage, da fühlst du dich gut, alles wird gut, Liebe ist toll und all das. Und dann gibt es die anderen Momenten, in denen du das Gefühl hast, das ist es nicht wert... oder ich vermisse dich und du bist nicht hier oder ich habe dich halt nicht, aber du bist in meinen Gedanken, es gibt so viele Gesichter der Liebe.

GL.de: Das instrumentale Stück auf eurem Album ("Solar Gap"), ist das durch Zufall, geplant oder durch einen Jam entstanden?
Ana: Durch Zufall. Wir waren am jammen, da entstand dieses kleine Riff und wir fanden, es hat so viel ausgesagt, dass wir keinen Text mehr benötigten. Wir mussten einfach nichts mehr sagen. Alles war damit gesagt.

GL.de: Ja, es ist wirklich ein tolles Stück auf eurem Album! Ich lag gestern in der Badewanne und hörte euer Album, um mir dabei Notizen für heute zu machen, spielte aber stattdessen mit meinem Smartphone, eine Schande, ich weiß. Dann spielte "Solar Gap" und ich dachte: Leg das Smartphone weg! Und genoss einfach den Moment.
Ana: Hey, das ist großartig, das ist eine überwältigende Reaktion! Ich möchte, dass jeder, der auf sein Handy schaut, damit aufhört, was auch immer er da gerade tut.

GL.de: Etwas, das mich wirklich beschäftigt. Einige große Musiker haben uns in den letzten Monaten verlassen, Scott Weiland (Stone Temple Pilots & Velvet Revolver), Lemmy Kilmister (Motörhead) und nun auch noch David Bowie. Hat euch das geschockt?
Ana: Besonders bei David Bowie, ja. Wir haben unsere Alben am selben Tag (8. Januar) veröffentlicht, es war ein echter Schock. Am 10. Januar (Todestag von David Bowie) hatten wir die Launch Party zum Album im Rough Trade in London, es sollte eine echte Party werden und auf einmal stirbt er und wir dachten nur, was für eine Art zu feiern. Es ist schon traurig, all die alten Helden scheinen zu sterben. Aber, wenn wir versuchen es in einem postiven Licht zu sehen, er veröffentlichte sein letztes Album an dem Tag, an dem wir unser erstes herausbrachten. Es ist wie: Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere.

GL.de: Okay, als letztes noch eins. Welcher Tod würde euch noch schocken, wer war ein großer Einfluss für euch? (Carlotta gesellt sich dazu.)
Ana und Carlotta: Bob Dylan.

Weitere Infos:
www.facebook.com/hindsband
www.hindsband.com
twitter.com/hindsband
www.instagram.com/hindsband/
Interview: -René Biernath-
Foto: -Pressefreigabe-
Hinds
Aktueller Tonträger:
Leave Me Alone
(Lucky Number/Rough Trade)
 

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