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12.02.2021
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STEINER & MADLAINA

Nicht lustig

Steiner & Madlaina
Nora Steiner und Madlaina Pollina haben eigentlich ja ganz gut Lachen. Nachdem die Züricher Freundinnen nämlich 2018 ihr Debütalbum "Cheers" veröffentlichten, haben sie und ihre Band sich - insbesondere durch ihre unermüdlichen diesbezüglichen Bemühungen - zu einem der beliebtesten Live-Acts der Indie-Songwriter-Szene entwickelt. Was ihnen natürlich heutzutage, in Zeiten von Corona, nicht so viel nützt. Als sie Ende 2020 daran gingen, ihr nun vorliegendes, zweites Album "Wünsch mir Glück" zu bewerben, sitzt Nora etwa in Zürich und Madlaina in Wien fest. Zum Glück hatten sie da die Songs ihres neuen Albums "Wünsch mir Glück" bereits fertiggestellt - zumindest indirekt hat die Pandemie-Situation den Geist des Werkes aber schon beeinflusst. Da kommt es zu Pass, dass Steiner & Madlaina ihre "Gute-Laune-Songs mit leicht bitterem Nachgeschmack" sowieso stets vielschichtig und mindestens mit doppeltem Boden anlegen. Den Titeln der Tracks darf man jedenfalls nicht blind vertrauen. In Stücken wie "Es geht mir gut", "Heile Welt" oder "So schön wie heute" geht es jedenfalls keineswegs alleine um Friede, Freude und Eierkuchen, sondern eher um die Wahrnehmung und Perspektiven. Aber lassen wir doch die Beiden mal selbst zu Wort kommen.

Das neue Album heißt ja "Wünsch mir Glück" und zeigt auf dem Cover eine Freundin von Steiner & Madlaina mit einer bemerkenswerten Zahnlücke. Wer soll denn da wem und warum Glück wünschen? "Das war zuerst getrennt", gesteht Madlaina, "es gab erst den Song 'Wünsch mir Glück', der auch auf dem Album ist - und Nora meinte schon sehr früh, dass das ein sehr schöner Albumtitel sei. Als Titel des Albums sagt das ja etwas ganz anderes aus, als die Geschichte, die in dem Song erzählt wird - denn es handelt sich ja um das zweite Album, von dem viele sagen, dass es das schwierigste sei. Dann kam dieses Bild von unserer Freundin, die sich da einen Zahn ausgeschlagen hatte, ins Spiel. Das ist irgendwie frech und ein bisschen hart. Wir waren total begeistert von der Combo, die sich aus diesen beiden Elementen ergeben hat." "Ja, das erhält dann nämlich wieder eine ganz andere Bedeutung", ergänzt Nora, "weil das mit dem Foto so aussieht, als müsste man der jungen Frau viel Glück wünschen." Frech und ein bisschen hart - wie Madlaina das Foto beschreibt - ist ja eigentlich auch die Musik von Steiner und Madlaina. Das gilt auf der zweiten Scheibe nämlich sogar musikalisch - einfach weil es mehr Gitarrensounds gibt. Wurden die Songs - insbesondere die älteren wie "Ciao Bella" und "So schön wie heute", die bereits bei den letzten Touren angetestet wurden - der allgemeinen Stimmung des Albums in Bezug auf das "Freche" und "Harte" angepasst? "Wir haben immer versucht, am Kern der Songs dranzubleiben", erklärt Madlaina, "die Versionen, die wir live gespielt haben, sind cool so, wie sie sind - aber für das Album war es uns wichtig, dass wir den Songs mehr auf den Zahn fühlten. Die Sachen auf dem Album sind vielleicht ironischer und spezifischer als die ursprünglichen Versionen." Zum Glück aber nicht lustig - wie im Falle vieler Kolleg(inn)en von Steiner & Madlaina, die sich gerne auf den Comedy-Pfad begeben, wenn sie mit deutschen Texten arbeiten. Stattdessen hat sich klanglich sogar eine gewisse Ernsthaftigkeit eingeschlichen, denn der Sound des Albums hat sich weiterentwickelt, weil Nora und Madlaina nicht mehr alles selber machen, sondern eng mit den Musikern ihrer Band zusammenarbeiten. Die Jungs - zu denen auch der Gitarrist Max Kämmerling gehört, der auch in der Band von Madlainas Bruder Julian "Faber" Pollina Gitarre spielt - unterstützen Steiner & Madlaina bereits seit den Anfangstagen. "Wir haben mit unseren Musikern zwischenzeitlich auch ein tiefes musikalisches Vertrauen aufgebaut", erklärt Madlaina, "und haben festgestellt, dass sobald mehrere Leute mitmachen, unsere Songs einfach besser werden. Das ist sehr schön und macht auch viel Spaß."

Dabei arbeiteten Steiner und Madlaina - wie auf dem Debüt-Album - wieder mit Produzent Alex Sprave zusammen. Was ist denn dessen Aufgabe bzw. Input, wenn Nora und Madlaina nun sowieso genau wissen, wie etwas klingen soll und was im Studio abgeht? "Gute Frage", meint Nora, "ich glaube, dass er sich sehr in der Art verändern musste, wie er arbeitet. Er ist zum Glück aber niemand, der seinen festen Platz braucht. Er hat dieses Mal eher die Aufgabe gehabt, jeweils den richtigen Moment einzufangen - was auch nicht ganz einfach ist - und er sollte uns an unsere Grenzen bringen; an Punkte, an denen wir selbst nicht mehr geglaubt hätten, dass es noch besser werden könnte. Ganz oft war das so, dass wir so beim vierten Take dachten, dass der voll sauber und gut sei und er meinte dann: 'Nein, das war vom Feeling her noch nicht geil. Ihr müsst noch mal eins drauflegen'. Da sind wir manchmal durchgedreht - aber er hat aber eigentlich immer recht gehabt." Mal eine andere Frage: Wieso gibt es auf der neuen Scheibe eigentlich keine Keyboard-Songs mehr? Bislang ist war das ja so, dass Madlaina bei den Konzerten ungefähr die Hälfte des Programms am Klavier absolvierte. "Das lag einfach daran, dass unsere Wohnung zu klein war und kein Piano darin Platz fand", meint Madlaina, "ich kann leider auch nicht einfach in den Proberaum gehen und mir vornehmen, da etwas zu schreiben - das funktioniert einfach nicht. Deswegen gibt es leider sehr wenig Piano auf der Scheibe - und wenn, dann nur ergänzend."

Warum sind denn dieses Mal alle Texte auf Deutsch - während zuvor ja auch Englisch, Schweizerdeutsch und auf der Bühne auch noch Italienisch und Griechisch zum Einsatz kamen? "Das war eher ein bisschen zufällig", räumt Nora ein, "das lag daran, dass wir zuletzt so viel in Deutschland unterwegs waren und dann natürlich auch mehr auf Deutsch kommuniziert und gedacht haben. Da war es dann auch sehr naheliegend, dass wir auch auf Deutsch schrieben. Wir hatten dann zwar einen englischen und einen schweizerdeutschen Song zur Auswahl - aber da haben dann dann aber die deutschen Songs einfach besser zueinander gepasst. Wir schließen das aber nicht aus, dass es demnächst mal wieder mehrsprachig sein kann. Und Madlaina meinte neulich noch, dass wir unsere Stärke im Songwriting auf Deutsch jetzt auch erkannt haben." Liegt es vielleicht auch daran, dass sich so Umgangssprachliches leichter einbinden lässt, als das in einer Sprache möglich wäre, die nicht die eigene ist? "Ich würde auf jeden Fall sagen, dass wir das Umgangssprachliche dann gleich erkennen können", erklärt Madlaina, "deswegen haben wir aber auch höhere Ansprüche an unsere Texte entwickelt. Da muss dann alles stimmen und sitzen. Es fühlt sich einfach sicherer an, dass da alles stimmt. Deswegen weiß ich nicht, ob ich jetzt gerade wieder an das Englische ran könnte. Da müsste ich dann wahrscheinlich eine Weile in einem englischsprachigen Umfeld da sein." Das ist genau das, was auch andere Musiker, die mehrsprachig agieren (wie z.B. Sophie Hunger oder Alin Coen) berichten.

Steiner & Madlaina
Was war denn - unter dem Strich - die größte Herausforderung für Nora und Madlaina bei diesem "schwierigen" zweiten Album? "Für mich war das Schwerste, dass ich mir gar keine Gedanken über diese zweite Scheibe gemacht habe", erklärt Nora, "ich bin sie zunächst einfach wie die erste angegangen. Dann habe ich aber mitbekommen, dass alle um mich herum meinten 'Oh - das ist aber die zweite Platte, die so schwer zu machen ist'. Dadurch war ich dann ein bisschen blockiert. Ich hatte dann große Mühe, was zu schreiben, weil ich dachte, das sei alles nicht gut genug - und zeitweise zögerte ich überhaupt einen Stift in die Hand zu nehmen, weil ich dachte, dass das alles nichts mehr geben würde. Ich glaube, wir haben uns da selber aus dem Nichts einen Riesen-Druck aufgebaut, weil wir ja auch niemanden enttäuschen wollte." Dass es sich bei "Wünsch mir Glück" also um das "schwierige zweite Album" handelt, hört man dem Endergebnis nun wirklich nicht an. Tatsächlich gelingt Steiner & Madlaina sogar das Kunststück, sich selbst zugleich treu geblieben zu sein, wie sich andererseits auch weiterentwickelt zu haben und obendrein - durch die Mitarbeit mit den Bandmusikern - zu einem gefestigten, bandorientierten Sounddesign gefunden zu haben.

Weitere Infos:
steiner-madlaina.com
www.facebook.com/SteinerMadlaina
www.instagram.com/steiner_madlaina
www.youtube.com/c/SteinerMadlaina
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Tim Wettstein-
Steiner & Madlaina
Aktueller Tonträger:
Wünsch mir Glück
(Glitterhouse/Indigo)
 

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