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04.06.2001
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RON SEXSMITH

Achterbahnfahrt

Ron Sexsmith
Der Kanadier Ron Sexsmith ist einer von diesen eher unauffälligen Songwritern, die lieber durch Qualität überzeugen, als durch laute Töne. Das hat ihm viele Verehrer eingebracht - so zählt z.B. Elvis Costello zu seinen begeistertesten Fans - aber es macht den kommerziellen Aspekt nicht eben einfach. Auf seiner neuen Scheibe, "Blue Boy" (nach einem Gemälde von Thomas Gainsborough), finden sich Stücke, die das Thema "Musikbusiness" aufgreifen. Der Opener, "This Song", z.B. ist eine metaphorisch verbrämte Kritik am Musikbusiness.

"Ich hatte Probleme mit meinem letzten Label", erklärt Sexsmith nicht ohne Bitterkeit. Sexsmith ist eines jener unzähligen Opfer strikten Schubladen- und Marketingdenkens. Wie viele Kollegen wurde er von seinem Industrielabel nicht eben konstruktiv behandelt und schließlich gedropped. "Die Industrie ist momentan ganz auf den Jugend-Markt eingeschossen. Die wissen nicht, wie man qualitativ hochwertige Musik vermarkten soll, die nicht auf dieses Segment zielt. Als wir z.B. zur letzten CD tourten, erfuhren wir hier vor Ort, daß diese gar nicht veröffentlicht worden war. 'This Song' handelt davon, was alles passiert, wenn man Musik in die Welt setzt. Etwa wie bei Melanie's 'What Have They Done To My Song?'" Nicht zuletzt aus diesem Grund ist Sexsmith jetzt bei Cooking Vinyl gelandet - einem kleinen Independent Label, was sich aber für seine Künstler interessiert. Musikalisch hat sich auf dieser Scheibe einiges getan. Verstärkt gibt es poppige und rockige Songs - und sogar eine Ska-Nummer ist dabei. "Das war Steve Earle's Idee", erklärt Ron, der das Album mit Earle zusammen produzierte, "Steve kenne ich bereits seit den 80ern, wo er mich mal bei einem Konzert ansprach. Wir wollten schon lange zusammen arbeiten. Aber dann kam seine Zeit im Knast und danach Terminprobleme. Ich bin froh, daß es jetzt mal geklappt hat."

Ron Sexsmith
Was hat Steve Earle, der ja einen herzhafteren Ansatz verfolgt als der eher feinsinnige Ron, denn beigesteuert. "Steve arbeitet ganz anders als Mitchell Froom, der Produzent, mit dem ich bisher zusammenarbeitete", erklärt Ron, "es gab z.B. diesmal keine Vorbereitungszeit, in der die Stücke arrangiert wurden. Das erfolgte beim Aufnahmeprozeß, weswegen sich die neue Scheibe organischer anhört als die letzten. Und Steve ist selber ein Songwriter, der weiß worauf es ankam. Er hat auch die Stücke ausgewählt, die auf der neuen Scheibe sind. Deswegen klingt sie auch rockiger und groovt mehr. Ich sehe diese Scheibe so wie eine Achterbahnfahrt." Was ist für Ron Sexsmith denn ausschlaggebend beim Songwriting? "Ich komme eher von der alten Songwriter-Schule", erzählt er, "für mich ist eine gute Melodie unabdingbar. Am wichtigsten ist es aber, daß Text und Musik Hand in Hand gehen. Das ist auch am Schwierigsten. Man muß lange an den Texten herumfeilen. Nimm z.B. 'Cheap Hotel' - das begann mit der letzten Strophe. Ich schrieb den Song quasi rückwärts und dabei veränderte ich auch noch die Person und das Geschlecht. Das war spannend." Ron's Texte handeln irgendwie alle von Einzelgängern, oder? "Hm. So habe ich das noch nie gesehen. Es stimmt aber. Das liegt wohl daran, daß ich oft auf eine introspektive Weise schreibe und selber so eine Art Einzelgänger bin. Ich muß mich beim Schreiben in die Lage meiner Charaktere versetzen können, da haben sie natürlich Züge von mir." Welches Terrain möchte Ron denn musikalisch noch ergründen? "Da habe ich so einige Lieblingsprojekte", verrät er, "ich würde zum Beispiel gerne mal ein Musical schreiben - oder aber eine CD mit Coverversionen von Songs unbekannter Songwriter aufnehmen [wie z.B. Kip Harness, der mit 'Thumbelina' auf Blue Boy vertreten ist]. Zunächst aber werde ich mit meiner Band auf Tour gehen." Und dann natürlich mit veröffentlichter CD.

Weitere Infos:
www.ronsexsmith.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Ron Sexsmith
Aktueller Tonträger:
Blue Boy
(Cooking Vinyl/Indigo)
 

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