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23.02.2004
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TENFOLD LOADSTAR

Kleine Lieder vs. Bombast

Tenfold Loadstar
"Mit Tenfold Loadstar hat unser stolzes Vaterland schon wieder eine gelungene, originelle und einzigartige englischsprachige Pop-Band hervorgebracht. Da kann man mal sehen, was man mit Anders-Denken alles machen kann!" - so urteilte Kollege Ullrich Maurer anno 2001 über das Debüt von Tenfold Loadstar. Seitdem wurde vom neuen Stern am Pop-Himmel gesprochen, Caro, Felix und Björn konnten sich mit ihrem minimalistischen, Country-lastigen Pop in die Herzen der Zuhörer spielen. Mit "Mellow Garden" erscheint nun auf L'age D'or der lang herbeigesehnte Nachfolger - und kann das großartige Debüt noch um Längen übertreffen.

"Wir haben recht lange danach gesucht, wie wir die Platte eigentlich produzieren sollten. Die Demos waren schon lange fertig, woraufhin wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Produzenten gemacht hatten - es gab zwar viele Interessenten, aber letztendlich ist unsere Wahl auf Olaf Opal gefallen. Das ging aber leider immer nur in kleinen Häppchen, man musste sehen, wann wir Zeit hatten und wann er Zeit hatte, und er hat auch nur ein paar Stücke produziert - das war auch ein Hauptgrund, warum es einfach länger als geplant gedauert hat. Die Art der Produktion war auch viel umfangreicher als wir es uns eigentlich vorgestellt hatten. Letztendlich hatte die Verzögerung keinen speziellen Grund, es kamen halt viele Kleinigkeiten auf einmal. Es ist für eine Band auch immer unangenehm, wenn die Stücke fertig sind und man damit etwas machen will, man aber durch diese äußeren Faktoren erstmal zurückgehalten wird", erzählt Felix im Gespräch mit Gaesteliste.de. Bei der ersten Platte wurde noch im kleinen Rahmen gewerkelt, mit der Zeit wurde viel an Erfahrung im Umgang mit der Technik gewonnen und man hatte schon genauere Vorstellungen davon, wie das zweite Album klingen sollte. "Mellow Garden" weist zwar immer noch viele Spielereien und Experimente auf, die Band hat sich diesmal aber anscheinend mehr auf die Song-Strukturen an sich konzentiert. "Die Ambition war auch unter anderem, die neuen Songs in einem gewissen Sinne poppiger zu machen, und sich soundmäßig ein bisschen an Standards zu orientieren", erklärt Felix. "Das erste Album war aus meiner Sicht ziemlich LoFi - was eigentlich gar nicht unsere Absicht war, aber durch fehlende Mittel mussten wir halt alles sehr einfach gestalten. Durch die größere Produktion für das neue Album klingen die Songs auch etwas massenkompatibler, was eine logische Sache ist. Natürlich hat man sich in der Zeit auch weiterentwickelt, was das Songwriting angeht - aber letztendlich ist der musikalische Ansatz schon doch so wie früher. Unsere Musik ist eher einfach strukturiert, sie ist jetzt nicht so unglaublich komplex vom Songwriting her - uns geht es immer eher darum, bestimmte Momente, die wir wichtig finden, entsprechend stark rüberzubringen, also so ein emotionales oder auch pathetisches Element, das es bei uns ja relativ häufig gibt. Da überlegt man, wie man dieses Gefühl, das wir dafür haben oder entwickeln wollen, am besten rüberbringen kann - sei es durch Sound oder was auch immer."

Das "was auch immer" scheint u.a. auch der spielerische Umgang mit Zitaten zu sein. So stellt der Song "New Young" nicht nur vom Titel eine Verbindung zu Neil Young her, sondern es wird dort auch die berühmte Zeile "Hey Hey My My - Rock N Roll will never die" gesungen. "Das kommt meistens daher, dass, wenn Stücke gespielt werden, und es dort einen instrumentalen Teil ohne Gesang gibt, dann fallen mir manchmal durch diese ewige Wiederholungen dieser Parts plötzlich Melodien ein, die aber von jemanden anders kommen", meint Caro dazu. "Es gibt da auch ein anderes Stück, das zwar nicht auf der Platte ist, wir aber live spielen - dort singe ich z.B. eine Melodie von Depeche Mode. Das war eigentlich schon immer so, auch bei diesem 'Ice Ice Baby' damals - es entstehen Stücke, bei denen denkt: 'Huch, da fällt mir gerade das und das zu ein!' Das mache ich dann einfach, weil ich es einfach klasse finde, Sachen zu zitieren." - "Ich finde es auch recht wichtig, dass man dieses Zitieren nicht unbedingt verbirgt. Zitieren ist auch eine andere Sache als kopieren. Ich finde, dass die Musik heutzutage oftmals schon ein Sammelsurium von Zitaten ist, und letztendlich gibt man ja das wieder, was einen selbst geprägt hat und verarbeitet das mit seinen eigenen Mitteln. Wenn daraus eine neue, spannende Sache entsteht, finde ich das eine sehr gute Herangehensweise an irgendwelche kreativen Prozesse. Auch dieses Neil Young Zitat hat einfach für uns als Band eine gewisse Bedeutung, und die Herangehensweise daran war für uns sehr natürlich - denn dieses Zitieren bzw. dieses spielerische Herangehen war schon immer unsere Art, Songs zu schreiben", berichtet Felix. Textlich geht es ansonsten meist um alltägliche Geschichten oder bestimmte Situationen. Caro: "Es sind immer Geschichten, die auch immer das widerspiegeln, was einen selbst beschäftigt - so ist zumindest bei mir. Manchmal habe ich auch Phasen, wo mir ganz viel einfällt, das horte ich dann und verwende es irgendwann - ich notiere das alles auf kleinen Zetteln, und ich besitze inzwischen ein ganzes Sammelsurium, manches davon ist fünf Jahre alt oder eben auch nur ein paar Tage. Es gibt aber auch Phasen, wo einem absolut nichts einfällt - was aber normal ist, denn als Schriftsteller z.B. fällt einem ja auch nicht immer etwas ein. Genauso ist es bei der Musik."

Tenfold Loadstar
Die Musik von Tenfold Loadstar wurde in der Vergangenheit des Öfteren als "minimalistischer Country-lastiger Pop" betitelt - wie sieht die Band dieses Label denn heutzutage? Felix: "Minimalistisch ist es mit Sicherheit nicht mehr so sehr, weil es einfach vom Sound her ein bisschen bombastischer geworden ist, es ist kein LoFi mehr, was wir auch wie bereits gesagt nie vor hatten - wir wollten immer schon Pop-Musik machen. Das minimalistische Element ist jetzt schon etwas verschwunden..." - "Es gibt schon Stücke, die minimalistisch geblieben sind", wirft Caro ein, "wo ich z.B. alleine nur mit einer Gitarre spiele, was dann auch wirklich LoFi geblieben ist. Das ist für mich z.B. sehr wichtig, weil ich sehr gerne so eine Musik höre, und weil mich diese Singer / Songwriter Sachen einfach berühren - das ist auch das, was ich brauche. Ich kann nicht nur bombastische Sachen machen, ich muss auch mal kleine Lieder machen." Auf jeden Fall eine gute Mischung und eine gesunde Einstellung. Abschließend noch die Frage nach dem Album-Titel - was steckt hinter "Mellow Garden"? Felix: "Das war eigentlich der Titel eines Songs, wir hatten auch lange überlegt, wie wir die Platte nennen sollten, und durch diese Idee für's Cover, das es etwas verspieltes, freundliches sein sollte, kamen wir auf 'Mellow Garden'. Übrigens ist der Titel auch doppeldeutig zu verstehen - es soll nicht nur der nette, freundliche Garten sein, sondern es sollte auch ein Garten sein, wo man zwar ganz gerne hingeht, aber auch ein bisschen wunderlich ist, wodurch er auch etwas Gefährliches oder Undurchschaubares hat." Also im Grunde auch eine äußerst treffende Beschreibung der Musik von Tenfold Loadstar. Die Band wird im April präsentiert von Gaesteliste.de auf Tour gehen und dabei von Gundi Voigt am Bass verstärkt.

Weitere Infos:
www.tenfold-loadstar.de
www.lado.de/artists/index.php?language=de&artistID=15
Interview: -David Bluhm-
Fotos: -Anja Lubitz-
Tenfold Loadstar
Aktueller Tonträger:
Mellow Garden
(L'Age D'Or/Rough Trade)
 

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