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16.03.2005
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THE BUFF MEDWAYS

Mit dem Schicksal im Reinen

The Buff Medways
Musiker, Maler, Schriftsteller - Billy Childish hat viele Talente, dennoch ist er trotz über 100 Album-Veröffentlichungen, unzähligen Bildern und einigen Dutzend Büchern in seiner mehr als 25-jährigen Karriere nie über den Kultstatus hinausgekommen. Mit den Milkshakes nicht, mit den Mighty Caesars nicht und erst recht nicht mit The Headcoats. Dass sie das mit seiner aktuellen Band The Buff Medways, die dieser Tage ihr neues Album "Medway Wheelers" veröffentlicht, ändern wird, darf - aller musikalischen Großartigkeit zum Trotz - auch bezweifelt werden, dennoch ist der 43-jährtige Brite, der sich beim Treffen mit Gaesteliste.de als ebenso scharfsinniger wie gutmütiger Gesprächspartner entpuppt, nicht verbittert. "Nimm doch nur einmal Bob Dylan. Er konnte mit der Musik, die er anfangs gemacht hat, nur zu genau jener Zeit erfolgreich sein. Jahre später hätten sie ihn mit der gleichen Musik weggejagt. Zumindest was die Anerkennung angeht, die seinem Werk entgegengebracht wurde, hat er ein bisschen Glück gehabt. Letzten Endes ist alles Schicksal. Mir war es nicht beschieden, so erfolgreich zu sein."

Selbst ein Plattenvertrag bei Transcopic, dem Label von Graham Coxon (Blur), für die ersten Medways-Veröffentlichungen und Lobeshymnen von der jungen Generation der Retro-Rock-Szene konnten daran nichts ändern. "Das liegt daran, dass Transcopic die beiden Buff Medways-Alben nicht außerhalb von England veröffentlicht hat", erklärt Childish gelassen. "Wir haben die gleiche Anzahl wie sonst verkauft, nur dieses Mal ausschließlich in Großbritannien, wo wir für gewöhnlich gar nichts verkaufen. Ich bin eine Ausnahme, weil ich eine Menge seriöser Presseberichte und Anerkennung bekomme, ohne je dafür bezahlt zu haben, allerdings auch ohne dafür bezahlt zu werden." Auch auf "Medway Wheelers" ist Childishs Erfolgsrezept von geradezu aufreizender Schlichtheit. "Wir versuchen gar nicht erst, zeitgemäß zu klingen, denn eh man sich versieht, wird aus zeitgemäß altmodisch, trotzdem halten uns die Leute für altmodisch, weil wir alte Klamotten tragen und Rock N Roll Musik spielen. Energie und Spirit stehen jedem jederzeit zur Verfügung - wenn er es zulässt, dass sie sich durchsetzen. Es geht letztlich nur darum, deine eigene Natur zu erkennen und die Natur dessen, was du vermitteln willst. Heute gibt es Gentechnik, die uns erlaubt, Kartoffeln herzustellen, die nach Orangen schmecken. Warum nimmt man nicht gleich die Orange? Der Grund dafür ist, dass die Leute immer nach dem Neuen streben."

Das gilt auch für den Aufnahmeprozess. Während viele andere - so genannte - Retro-Künstler das Londoner Toe-Rag-Studio für das Nonplusultra der analogen Aufnahmetechnik halten, ist Childish skeptischer. "Der Sound dort ist ziemlich gleichförmig, das schränkt dich ein wenig ein. Wir haben immer schon Homerecordings gemacht. Sie sind nicht nur billiger, du musst auch nicht extra erst irgendwo hinfahren. Die neue Platte ist komplett zu Hause entstanden mit viel weniger Aufwand, als das im Toe-Rag der Fall gewesen wäre." Heimarbeit, weil die neuen Songs nach dieser Herangehensweise verlangten? "Nein, der Grund ist schlicht und ergreifend, dass ich nicht gerne reise und Studioaufenthalte - egal wo - immer langweilig finde!" Ebenso langweilig findet Childish trotz der unüberschaubaren Zahl seiner Veröffentlichungen das Sammeln von Platten. Kommt es ihm da nicht manchmal seltsam vor, Menschen zu treffen, die nach jedem Stück Vinyl suchen, das seinen Namen trägt? "Nein", erwidert er ohne Zögern und fügt mit dem Blick auf sein chronisch leeres Konto grinsend hinzu: "Ich bin voll dafür - solange ich nicht involviert bin!"

Weitere Infos:
www.billychildish.com
www.theebillychildish.com
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-
The Buff Medways
Aktueller Tonträger:
Medway Wheelers
(Damaged Goods/Cargo)
 

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