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10.03.2005
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JIMMY EAT WORLD

Kickin' Ass!

Jimmy Eat World
Ihr aktuelles Album "Futures" hat zwar schon ein paar Tage auf dem Buckel, aber da Jimmy Eat World jüngst wieder durch Deutschland tourten, wollten wir uns die Chance nicht entgehen lassen, doch einmal nachzufragen, was die Band selber inzwischen von dem Album hält. Denn schließlich hielt sich die Begeisterung doch in Grenzen. Zwar wurde der Silberling allerorts für gut bis sehr gut gehalten, doch die Euphorie, die das Emo-Quartett mit "Clarity" und besonders "Bleed American" entfacht hatte, wollte drei Jahre später nicht wieder aufkommen.

"Ich bin wirklich glücklich und ich habe das Gefühl, dass auch die Fans das Album mögen. Denn immer wenn wir neue Songs spielen, bekommen wir begeisterte Reaktionen", erzählt ein im Vergleich zum letzten Treffen merklich redseligerer Tom Linton. Der Gitarrist und zweiter Sänger der Band sitzt zusammen mit Basser Rick Burch durchgefroren im Backstage-Bereich des Hamburger D-Clubs (ehemals Docks) und wartet auf den Soundcheck. "Als wir das Album fertig hatten, waren wir sehr zufrieden. Aber natürlich wussten wir nicht, wie die Leute reagieren würden." Inzwischen wissen wir es alle. Viele taten sich anfangs schwer, vermissten die Faszination, die Perfektion und die sofort eintretende Begeisterung. Denn kein JEW-Album benötigt so viele Durchläufe wie "Futures". Erst mit der Zeit werden aus Songs wie dem Titeltrack, "Just Tonight" oder "Drugs Or Me" die Kracher, wie man sie von JEW erwartet. Lediglich die erste Single "Pain" zündete sofort. Rick ist sich diesem Umstand bewusst, sieht das aber sehr gelassen: "Die Platte unterscheidet sich schon von den Vorgängern, und so benötigen einige Leute eben etwas Zeit, um sie zu verstehen und zu mögen. Aber wie es scheint, mögen es die meisten Fans dann doch." Und während es der Band relativ egal ist, was die Presse über ihre Musik schreibt, achten sie schon darauf, was die Fans mögen und wollen. "Schließlich sind sie es, die sich die Alben kaufen und auf die Konzerte kommen", sagt Rick, bevor er genüsslich in seine Orange beißt. Und Tom ergänzt: "Wir überlegen jetzt nicht im Studio, was die Fans mögen würden und welche Songs besonders gut ankommen, da machen wir schon das, was wir für richtig halten. Aber vor und nach den Shows gehen wir schon auf sie zu und reden mit ihnen über die Musik und was sie von ihr halten und welche Songs sie gerne auf den Konzerten hören wollen. Denn wir möchten, dass sie happy sind." Rick hat inzwischen aufgegessen: "Wir haben aber natürlich keine Kontrolle darüber, wie die Platte später ankommt. Wir wissen nur, dass wir unser Bestes getan und hart gearbeitet haben und wir mit der Platte zufrieden sind. Was danach kommt, liegt nicht mehr in unserer Macht. Wir müssen abwarten und sehen erst auf den Konzerten, ob die Leute auch zu den neuen Songs tanzen und sie mögen. Das ist immer sehr spannend." Nun sind Jimmy Eat World nicht die Bright Eyes (siehe Konzertbericht vom 22. Februar im Köln) und spielen auch alte Hits. Weil die Fans eben auch "The Middle", "Lucky Denver Mint" und "Bleed American" hören wollen. "Sicherlich glauben viele Leute, es wäre völlig langweilig, immer wieder 'The Middle' zu spielen, aber es macht immer wieder Spaß und es ist toll, die Fans dazu tanzen zu sehen", sagt Tom. "Doch natürlich ist es auch aufregend, einen neuen Song zu spielen und zu sehen, wie er ankommt", wirft Rick ein. Die beiden werfen sich die verbalen Bälle zu, sind ungemein sympathisch, lassen sich auch nicht von der Tatsache stören, dass sie jeden Moment zum Soundcheck abgeholt werden und als sie am Ende des Interviews erfahren, dass Trail Of Dead an diesem Abend in Hamburg spielen und die Gaesteliste.de-Delegation daher nicht die JEW-Show besuchen wird, lacht Tom nur und sagt: "Da wäre ich auch gerne."

Mit "Clarity" schafften Jimmy Eat World damals den Durchbruch, mit "Bleed American" wurden sie zu einer der wichtigsten Band des inzwischen recht ausgelutschten Emo-Genres. Nun "Futures". Tom: "Es ist eine sehr spezielle Platte! Wir hatten einen neuen Produzenten [Gil Norton, arbeitete mit den Pixies und den Foo Fighters] und haben versucht, etwas völlig anderes zu machen. Wir haben noch nie so hart an einem Album gearbeitet." Und Rick ergänzt: "Selbst als wir schon am Mixen waren, was eigentlich erst nach dem Aufnehmen passiert, waren wir noch mitten im kreativen Prozess, haben bis kurz vor Schluss noch an den Vocals und einigen Riffs gearbeitet. Wir fanden einfach kein Ende. Unser Mixer Rich Costey hatte aber eine Deadline, darum mussten wir dann irgendwann einfach aufhören." - "Weißt du, wir arbeiten gern im Studio erschaffen gemeinsam etwas Neues", ergreift wieder Tom das Wort. "Der aufregendste Moment aber ist, wenn man die Platte im Laden sieht. Man hat so viel Zeit mit den Songs verbracht und dann geht's du in den Laden und siehst den Grund, warum du so fleißig warst und du fühlst dich großartig!"

Jimmy Eat World
Letztes Jahr feierten Jimmy Eat World ihr zehnjähriges Bestehen. Doch eine große Party gab es nicht. "Wir hatten es vor", lacht Tom. "Aber wir waren zu beschäftigt." In den letzten zehn Jahren ist viel passiert. Jimmy Eat World versuchten sich anfangs - so sagt es die Legende - als Metallica-Coverband. Schnell war ihnen das nicht genug und sie schrieben eigene Songs. Sie fanden in Capitol Records eine Plattenfirma und veröffentlichten 1996 ihr Debüt "Static Prevails". Das Album erschien nur in den USA, genau wie "Clarity" drei Jahre später. Kurze Zeit später wurden JEW gefeuert. Doch sie gaben nicht auf, kauften die Rechte am Album zurück und machten auf eigene Faust weiter. Der Rest ist Geschichte. In kürzester Zeit erschienen "Clarity", die "Singles Collection" mit Songs aus ihren Anfangstagen und "Bleed American" auch in Europa, die Band wurde zu den Superstars des Emo-Genres und Lieblingen von Fans und Medien. "Die beste Entscheidung war, als Band zusammen zu halten, obwohl wir vom Label gedroppt wurden. Wir haben weiter gemacht und die Sache selbst in die Hand genommen", blickt Tom zufrieden zurück. Und Rick lacht: "Die schlechteste Entscheidung war, mich in die Band zu nehmen." Doch jetzt zählt die Zukunft. Und an der wird schon fleißig gebastelt, die ersten neuen Songs und Ideen sind schon da. "Nach 'Bleed American' haben wir so viel gespielt und hatten kaum Zeit, wieder kreativ zu werden. Diesmal wollen wir nicht ganz so viel touren, damit nicht wieder so viel Zeit zwischen den Alben entsteht", blickt Rick in die Zukunft. Und freut sich auf weitere "Ten Years Of Kickin' Ass!"

Weitere Infos:
www.jimmyeatworld.net
www.jimmyeatworld.de
Interview: -Mathias Frank-
Fotos: -Pressefreigaben-
Jimmy Eat World
Aktueller Tonträger:
Futures
(Geffen/Universal)
 

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