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DOLLY VARDEN
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Fischsuppe
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Stephen Dawson von Dolly Varden ist einer der angenehmsten Gesprächspartner, die man sich wünschen kann. Zum Beispiel machte es ihm natürlich nichts aus, noch einmal die Geschichte vom Namen der Band zu erzählen - auch, wenn die Truppe aus Chicago bereits vier Alben veröffentlicht hat. "'Dolly Varden' ist die Bezeichnung einer ganz bestimmten Art von Forelle", erklärt er, "die Komplikationen mit dem Namen Dolly Parton wurden uns erst viel später bewusst. Zunächst war das für uns einfach ein Begriff, der sehr schön klang. Mein Großvater war ein Angler und der Vater von Diane [Christensen - Stephens Frau und Gesangspartnerin bei Dolly Varden] ist auch ein Angler. Wir kommen ursprünglich aus Idaho, weißt du..."
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Und sofort hat man das Bild von Brad Pitt vor sich, der im stillen Waldfluss seine Angel auswirft (auch wenn das in Montana war). Was das meint: Stephen Dawson ist gut darin, mittels kleiner, wichtiger Informationen, sofort ganze Szenarien entstehen zu lassen - ob im Gespräch, wie auch in seinen Texten. Und gerade diese Texte sind es, die bei Dolly Varden faszinieren. Im stilistisch nicht eindeutig abgegrenzten Bereich zwischen Rock, Folk, Country und dem, was man schlechthin als Americana nennt, entfalten Stephen und Diane faszinierend detailreiche Universen mit spezifischen Charakteren und ans Herz gehenden Kitchen-Sink-Dramen von ungewohnter Offenheit - ja Brutalität. "You can punch me in the mouth, you can curse my name out loud - but you won't ever get me to regret it", singt Diane in dem Song "Time For Me To Leave" vom neuen Album "Forgiven Now". Ist das alles Schauspielerei? Denken sich die beiden so etwas aus? "Nein, nein, das basiert schon alles auf eigenen Erlebnissen", beharrt Stephen, "in dem besagten Song schauspielert Diane vielleicht ein ganz klein wenig, weil ich dieses Stück ursprünglich gar nicht für sie geschrieben hatte. Es passte aber so besser." Und hinterlässt so auch einen bleibenderen Eindruck. Wie eignet man sich denn diese Schule des Songwriting an? "Nun, Songs schreibe ich bereits seit meiner frühen Jugend", erinnert sich Stephen, "darüber hinaus habe ich stets auch selber gerne Musiker gehört, die aufrichtige und ehrliche Songs schreiben. Bob Dylan, Richard Thompson, Van Morrison, Jackson Browne - und ja, ich weiß, dass ich selbst beim Singen ein wenig nach Jackson Browne klinge..." kommt er diesem - ziemlich offensichtlichen - Einwand zuvor. "Ich trage auch immer ein kleines Notizbuch mit mir herum", fährt er fort, "worin ich mir Notizen zu Song-Ideen mache. Meistens beginne ich mit einem bestimmten Bild und baue den Song darum herum." Eine Besonderheit dabei ist, dass - sowohl Stephen wie auch Diane - die dann entstehenden Geschichten - die sich meist ziemlich konkret mit den Unzulänglichkeiten des zwischenmenschlichen Zusammenlebens beschäftigen - mit kleinen, spezifischen Details anreichern. Seine Protagonisten essen z.B. nicht einfach - sie essen ein rotes Steak mit Canadian Club Soda. Kaum jemand macht sich sonst die Mühe, dermaßen ins Detail zu gehen. Wie kommt er dazu? "Ich mag solche Texte", erwidert Stephen, "ich mag auch Poesie. Kennst Du Anne Sexton [ www.english.uiuc.edu/maps/poets]? Das ist eine Poetin, die mir zu Herzen geht. Sie vermeidet jedes Klischee und reichert ihre Gedichte mit diesen kleinen Details an. Ich glaube, dass ist einer meiner Haupt-Einflüsse." Und wenn die Texte dann fertig sind, wie werden sie dann zu Songs? Auf der Website der Band wird ja deutlich darauf hingewiesen, dass Dolly Varden eine Band ist. "Mehr eine Familie", bestärkt Stephen das, "wir spielen schon so lange zusammen, dass wir uns aufeinander verlassen können. Diane ist ja sowieso eine kreative Person. Sie malt z.B. auch unsere Cover. Die anderen haben zwar nicht so den Drang, Songs zu schreiben, aber ihre Beiträge sind dennoch unverzichtbar. Nimm zum Beispiel mal Mark Bellatos Gitarre - das ist ja fast wie eine dritte Stimme. Unsere Songs sind also zunächst mal eine bloße Blaupause, wobei dann die Texte und die Musik zur selben Zeit zusammenfinden."
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Bei manchen Songs hat man den Eindruck, Stephen "besetze" diese - mit Charakteren, Stimmen, Instrumenten, Arrangements - in der Art, wie ein Regisseur das tut. "In einer gewissen Art ist das auch richtig", stimmt er zu, "es ist allerdings niemals ein Masterplan dabei. Es ist wichtig, dass man den Song von selbst 'herauskommen lässt'". Was natürlich nur jemand sagen kann, der sich auch darauf verlassen kann, dass so was dann auch passiert. Was war denn dann noch die Aufgabe des Produzenten Brad Jones? Einen eigenen Sound haben Dolly Varden ja wohl? "Ja, das stimmt. Brad ist sehr gut darin, die Songs durch kleine Eingriffe - Betonungen, etwas weglassen, bestimmte Passagen auszuwählen - tatsächlich besser zu machen. Er war es auch, der uns Al Perkins besorgt hat." (Al Perkins hat auf über 80 Scheiben mitgespielt und ist eine echte Steel-Guitar-Legende). Was ist für Stephen Dawson bzw. Dolly Varden denn letztendlich das wichtigste am Musizieren? "Das ist natürlich eine sehr angenehme Art, sein Geld zu verdienen", gibt er zu, "Diane und ich lieben es zu singen. Das wichtigste dabei ist für uns, einfach ehrlich zu bleiben und Songs zu schreiben, die etwas bewegen und die dich ins Herz treffen." Sehr viel schöner kann man das kaum zusammenfassen. Da Dolly Varden bei uns noch "neu" sind, steht es noch nicht fest, wann genau sie bei uns auf Tour kommen werden. Angedacht ist "der Herbst". Am besten man schaut auf der Homepage der Band (oder bei uns) herein...
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Weitere Infos:
dollyvarden.com
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Interview: -Ullrich Maurer- Fotos: -Pauline St. Dennis-
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Aktueller Tonträger: Forgiven Now (Flying Sparks/Zomba)
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