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GOOD RIDDANCE
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Die Hoffnung stirbt zuletzt...
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"Ich spreche lieber über Politik als über unsere Musik und unser neues Album", stellt Russ Rankin im Interview mit Gaesteliste.de deutlich klar. Was soll man aber auch noch groß über seine Band Good Riddance sagen und schreiben? Seit vielen Jahren spielen sie feinsten, mal mehr und mal weniger harten Melody-Punk mit einem gekonnten Hardcore-Anteil und können damit immer und immer wieder überzeugen. Da macht das neue Album "My Republic" keine Ausnahme. Und doch findet Russ Rankin im Laufe ein paar Worte.
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"Für mich klingt 'My Republic' wie ein California-Punkrock-Album", lässt er sich dann entlocken und trifft es auf den Punkt. Er hätte auch sagen können, dass es wie ein Good Riddance-Album klingt, denn "es ist eben ein weiteres Album, für das wir drei Jahre gebraucht haben. Und es ist interessant für mich, dass es sich eigentlich wie immer anhört." Russ ist nicht gerade gesprächig, aber auch nicht unhöflich. Er spricht in kurzen Sätzen und verrät nicht wirklich viele Neuigkeiten. Das möchte er nicht und das kann er vielleicht auch nicht. Denn vielleicht gibt es ja einfach nichts Neues zu erzählen? Doch: "Die Scheibe ähnelt vom Stil her unserer ersten Platte und dem der letzten beiden. Nur ist es eben besser." Ob "My Republic" nun besser oder schlechter als ein anderes GR-Album ist, sollte jeder Fan für sich entscheiden. Dass keiner enttäuscht sein wird, darf dagegen als sicher betrachtet werden. Denn erneut tummeln sich hier massig Hits und erneut gibt es die wundervolle Mischung aus Punk und Rock, aus Härte und Melodie. Wobei gerade Letztgenanntes besonders gewünscht war. "Wir wollten eine melodische Scheibe machen, die aber nicht optimistisch klingt. Wir haben eine Menge Kram von Bands wie TSOL gehört und wollten diesmal ein düsteres Album machen", erzählt Russ. Also gibt es auch im Hause Good Riddance den Wunsch nach Entwicklung und der Sänger stimmt dem zu: "Wir hatten immer unseren eigenen, aggressiven, aber auch melodischen und politischen California-Punkrock-Style, aber haben uns trotzdem immer von anderen Bands beeinflussen lassen, weil wir mit so unterschiedlichen Bands wie Lagwagon, Lifetime oder Sick Of It All getourt sind und uns von diesen stets Inspirationen geholt haben." Diesmal waren es also die Melodien und die Dunkelheit und das wurde im Vorfeld mit den Band-Kollegen abgesprochen. Und langsam taut Mister Rankin auf. "Wenn wir eine Platte machen, hören wir uns unsere alten Sachen an und überlegen, in welche Richtung es diesmal gehen soll und welche Gefühle wir gerade in uns haben. Ich schreibe dann vier oder fünf Songs und wenn den Jungs dann vier gefallen, weiß ich ungefähr, wie das Album klingen soll und wie es klingen wird." Da scheint nur logisch, dass seine zweite Band Only Crime, bei der er mit Musikern von unter anderem Black Flag, Converge und Bane Musik macht, keinen Einfluss auf Good Riddance haben. "Es ist mir sehr wichtig, diese beiden Bands so gut wie möglich zu trennen. Durch unsere Zusammenarbeit ist das auch kaum möglich." Auch die Erwartungen der Fans werden mehr oder weniger unbewusst befriedigt bzw. bewusst ignoriert. Denn inzwischen weiß die Band, dass sie es nicht allen Recht machen kann. "Wir haben jetzt acht Alben gemacht, die zwar alle irgendwie ähnlich klingen, aber nimm' zum Beispiel unser zweites Album, das ist ungeheuer melodisch, unser drittes, 'Operation Phoenix', dagegen ist aggressiv, dunkel und wütend und zwischen diesen beiden Extremen bewegen wir uns auf jedem Album", erzählt Russ. "Es ist also unmöglich, dass jedem Fan die aktuelle Scheibe gefällt. Der eine steht eben auf die melodischen und der andere auf die harten Sachen. Also machen wir das Album für uns und achten darauf, dass es uns gefällt." Sagte Russ am Anfang unseres Gespräches noch, "My Republic" würde wie immer klingen, beginnt er plötzlich seine Alben zu vergleichen und findet tatsächlich Unterschiede...
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Innerhalb der aktuellen Scheibe aber sucht jedenfalls Russ die Unterschiede der einzelnen Songs fast vergeblich. "Ich finde nicht, dass unser neues Album sehr abwechslungsreich ist. Nahezu jeder Song hat chatchy Refrains, viele Melodien und ernste Inhalte." Und dann sind sie endlich da, die Inhalte. Die Politik. Erstmal korrigiert er die Plattenrezension auf Gaesteliste.de, in der behauptet wird, dass im Song "Texas" der US-Präsident persönlich attackiert wird. "In diesem Song geht es nicht ausschließlich um George W. Bush, sondern um all die Leute in seinem Team, um all die Leute, die um ihn herum sind und ihn unterstützen." Nun könnte man sicher sagen, dass es langsam doch mal gut ist mit den ganzen Anti-Bush-Statements und -Songs, denn inzwischen dürfte jedem klar sein, welche Bands wo stehen und wer sein Bild von Bush hat - sei es nun dieses oder jenes - der hat es eben. "Ich halte es weiterhin für wichtig", glaubt aber Russ. "Ich gebe nicht auf und sage weiterhin meine Meinung. Natürlich weiß ich nicht, welche Auswirkungen unsere Platten haben, denn wir verkaufen keine Millionen Exemplare und haben sicher nicht den größten Einfluss. Aber unsere Songs gehen ja eh nicht nur gegen Bush. Wir haben zeitlose soziale und politische Themen. Denn wenn wir nur über Bush schreiben würden, wäre es spätestens nach dem Ende seiner Amtszeit veraltet, bei uns geht es aber um das System an sich, um generelle Probleme und die sind zeitlos." Und jetzt wird Russ immer gesprächiger. "Wir wollen die Songs nicht personifizieren, sondern über Ideale, Ideen und Möglichkeiten singen. Denn soziale Missstände sind leider länger aktuell als ein Mensch. Eine meiner Lieblingsbands sind die Dead Kennedys und sie haben wirklich großartige Songs mit tollen Texten geschrieben, aber wenn ein Kid die jetzt hört, fragt es sich doch, um was es da geht und was das für Typen sind, von denen da gesprochen wird. Das möchte ich bei uns vermeiden und darum geht es nie um die Namen, sondern nur um die Sache. Und darum meine ich in 'Texas' natürlich auch George W Bush. Aber eben nicht nur ihn." In ihren Songs sprechen sie Probleme an und vertreten deutlich ihre Meinung. Doch trotzdem möchte Russ kein Prediger sein. "Es ist uns wichtig, dass die Leute über die Sachen nachdenken, über die wir singen. Ich möchte den Leuten nichts vorschreiben, sondern sie dazu anregen, die verschiedenen Möglichkeiten durchzugehen. Wenn mir zum Beispiel jemand sagt, dass er uns und Bush mag, dann frage ich ihn, warum er denn Bush mag." Gar nicht doof, schließlich muss sich der dann erklären und wieder darüber nachdenken. "Es gibt zwei Arten von Menschen, die Bush mögen", meint Russ. "Einmal natürlich die Republikaner, weil sie viel Geld haben und durch Bush mehr verdienen. Und dann gibt es die Leute, die einfach keine Ahnung haben, was es noch so gibt. Denn bei uns gibt es keine freie Presse und kaum einer weiß, was außerhalb der USA so läuft. Die ganze Welt weiß, dass die Sache im Irak ein Einmarsch in ein fremdes Land und damit ein Verstoß gegen internationales Recht ist. In Amerika kennt man es nur unter 'Operation freies Irak'. Darum unterstützen so viele Amerikaner auch Bush - weil sie es einfach nicht besser wissen!" Russ aber glaubt an die gute Sache und hat Hoffnung. "Amerika hat so viel Potential, um ein wirklich tolles Land zu sein. Man muss nur darum kämpfen und was tun. Ich finde es frustrierend, wenn wir touren und ich mir das alles ansehen muss und merke, dass so viele Leute so wenig wissen. Das können aber nur wir selbst ändern. Wir müssen die Leute aufklären, wir müssen ihnen ihre Möglichkeiten bei Wahlen aufzeigen, ihnen klar machen, dass es Parteien wie die Grünen gibt und das es sich lohnt, zu kämpfen." Und das probiert Russ nicht nur in seinen Songs, sondern auch in seinen Interviews...
Noch immer kann man sich hier den Song "Darkest Days" downloaden.
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Weitere Infos:
www.good-riddance.com
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Interview: -Mathias Frank- Fotos: -Pressefreigaben-
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Aktueller Tonträger: My Republic (Fat Wreck Chords/SPV)
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