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THE LOST PATROL BAND
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Get teenage kicks right through the night
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"Ich lebe in eine sehr klar abgesteckten Welt", erklärt Dennis Lyxzén, der unbestrittene Wortführer von The Lost Patrol Band, beim Konzert in Münster. "Ich lebe in einer Welt, in der alle Menschen davon überzeugt sind, dass 'Teenage Kicks' von den Undertones der beste Song ist, der je geschrieben wurde." Mal ganz abgesehen davon, dass der smarte Schwede damit natürlich völlig recht hat, erklärt diese Aussage auch, warum "Automatic", das neue Album der Zweitband des Sängers der (International) Noise Conspiracy, klingt, wie es klingt: Hier geht es nicht um politische Manifestos oder darum, musikalisches Neuland zu entdecken, nein, wir haben es hier mit einer liebevoll altmodischen, punkigen Power-Pop-Platte zu tun, die in erster Linie für Jungs gemacht ist, die wie Lyxzén selbst Pech in der Liebe haben.
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Dass bei der Lost Patrol Band nicht nur die eingangs erwähnten Undertones hoch im Kurs stehen, sondern auch die Buzzcocks, verrät ein Blick auf die Texte. Die erinnern nämlich an deren intelligente Herangehensweise, über spezifische Dinge zu schreiben, aber sie so zu formulieren, dass sie universell gültig und zum Beispiel nicht explizit geschlechtsspezifisch sind. "Bei mir ist es eher so, dass das einfach passiert", wehrt Lyxzén den Versuch eines Vergleichs mit Pete Shelley beim Gespräch mit Gaesteliste.de bescheiden ab. "Natürlich gebe ich mir manchmal Mühe, so zu schreiben, dass sich alle angesprochen fühlen können. Letzten Endes beschreiben die Songs allerdings einfach nur mein Leben, und manchmal erkennen die Hörer auch ihr eigenes darin. Es fällt mir schwer, dazu etwas zu sagen, denn ich setze mich nicht hin und schreibe mit einem besonderen Ziel. Ich schreibe einfach so, wie ich es immer getan habe. Manchmal verstehen mich die Menschen - und manchmal nicht."
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Was nicht heißt, dass die Lost Patrol Band nicht dennoch einen anderen Status besitzt als die (International) Noise Conspiracy, die übrigens in den letzten Monaten sage und schreibe 26 neue Songs fertiggestellt hat. "Bei der Noise Conspiracy geht es praktisch ständig um Leben und Tod. Das ist ein 24-Stunden-Job. Wenn wir Songs schreiben, tun wir das alle zusammen, weil wir viel jammen. Lost Patrol dagegen ist meine Entschuldigung dafür, mich zu Hause zu verkriechen und Gitarre zu spielen. Für gewöhnlich sind die beiden Bands nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich voneinander getrennt gewesen. Deshalb war dieses Jahr ein besonders interessantes für mich, denn die Zeit zwischen der Aufnahme der neuen Lost Patrol-Platte und nun der Tour habe ich damit verbracht, für die Noise Conspiracy zu schreiben. Deshalb waren die letzten fünf Monate recht seltsam für mich, weil ich mich komplett umstellen und ganz anders denken musste. Lost Patrol-Songs sind unprätentiöser - ich lasse sie einfach passieren. Bei der Noise Conspiracy zerbreche ich mir über jedes einzelne Wort den Kopf und bin sehr gewissenhaft. Es ist oft ein ganz schöner Kampf, für die Noise Conspiracy zu schreiben, bei Lost Patrol ist alles so schön simpel."
Einige hat es auch überrascht, dass Lyxzén in den letzten Jahren so regelmäßig Platten veröffentlicht hat. 2004 räumte die Noise Conspiracy mit "Armed Love" ab, kaum war deren ausgiebige Tournee zu Ende, erschien das selbstbetitelte Album der Lost Patrol Band, und "Automatic" - in der Vinylversion übrigens über Lyxzéns eigenes Ny Vag-Label erhältlich - kommt nun auch kaum 15 Monate später auf den Markt. "Wenn ich nicht gerade auf Tournee bin, habe ich halt nicht besonders viel zu tun", sagt Lyxzén grinsend. "Wenn ich merke, dass ich eine kreative Phase habe, fällt es mir sehr leicht zu schreiben. Als wir anfingen, die letzte Lost Patrol Band-Platte live zu spielen, fand ich das so inspirierend, dass ich gleich einen ganzen Haufen neuer Songs geschrieben habe. Das fiel mir sehr leicht, weil die allgemeine Stimmung so gut war. Außerdem war das in einer Phase, in der ich zweieinhalb Jahre mit der Noise Conspiracy auf Tournee war und mit dieser Band überhaupt keine neuen Songs geschrieben habe, obwohl ich ständig den Drang verspüre, neue Stücke zu machen."
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Stellt sich zum Schluss die Frage, was die Zukunft für The Lost Patrol bringen wird. Immerhin waren die ersten beiden Alben unter diesem Namen eher akustische Soloausflüge von Lyxzén mit ausgesuchten Freunden, während Album Nummer drei und vier eine Huldigung des Power-Pop-Genres waren. Hat Lyxzén noch irgendwelche Ideen im Hinterkopf, die er umsetzen möchte? "Das Schöne an dem Lost Patrol-Banner ist ja, dass ich die Dinge nehmen kann, wie sie kommen. Ich muss mir jetzt noch keine Gedanken machen, wie eine weitere Platte wohl klingen könnte - wenn wir denn überhaupt eine machen. Ich würde allerdings gerne einmal in einer Band spielen, die wie Minor Threat klingt! Das habe ich natürlich praktisch schon getan, aber das ist etwas, zu dem ich gerne zurückkehren würde, wenn ich nicht schon zu alt dazu bin. Ich bin nämlich davon überzeugt, dass du 19 oder 20 sein musst, um eine solche Musik wirklich überzeugend rüberbringen zu können. David [Sandström, der Schlagzeuger von Lyxzéns legendärer Band Refused] und ich sprechen ständig davon, wieder gemeinsam in einer Band zu spielen, die eben wie Minor Threat oder Black Flag und dieses ganze Hardcore-Zeug klingt, aber er hat eine Glatze und einen Vollbart und ist sich nicht sicher, ob wir die alte Energie wieder hinbekommen würden und ob uns die Dinge wirklich genauso ankotzen wie früher. Wenn du dir das politische Geschehen oder persönliche Beziehungen anschaust, hast du mit 34 einfach eine völlig andere Sicht der Dinge als mit 20. Einige der Texte der neuen Lost Patrol-Platte hätte ich damals nie und nimmer geschrieben. Wenn du mir vor 15 Jahren meine heutigen Texte vorgelegt hättest, hätte ich vermutlich gesagt: 'Was ist das denn für ein Blödmann!'"
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Weitere Infos:
www.myspace.com/lostpatrolband
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Interview: -Carsten Wohlfeld- Fotos: -Pressefreigaben-
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Aktueller Tonträger: Automatic (Burning Heart/SPV)
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