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BRETT ANDERSON
 
Keine Abkürzung!
Brett Anderson
Mit dem Namen Brett Anderson bringt man natürlich in erster Linie die Bands Suede und The Tears in Verbindung - dort hat es aufregenden, schwelgerischen und exaltierten Britpop gegeben, viele Metaphern in den Songtexten und auch den ein oder anderen Gossip-Bericht in den Medien - schließlich war und ist Brett Anderson immer jemand gewesen, der anscheinend gerne im Mittelpunkt steht und jemand, den man gerne dort sieht. Nach dem Ende von Suede und der Pause von The Tears (die Band, bei der er sich wieder mit dem früheren Suede-Gitarristen Bernard Butler zusammengetan hatte), steht nun mit "Brett Anderson" das Solo-Debüt in den Startlöchern. Eine Platte, die viele Phasen seiner bisherigen Musik-Karriere berührt und weiterführt, eine Platte, auf der Brett Anderson textlich sehr persönlich und direkt die Dinge beim Namen nennt - und auch im Interview mit Gaesteliste.de erwies er sich als sehr offener Mensch, der die Dinge klar an- und ausspricht.
"Es war ein recht langer Entstehungsprozess - ich habe schon 2004 mit dem Schreiben angefangen, als ich an der Tears-Platte gearbeitet habe. Es war als Seitenprojekt gedacht, und da die anderen Sachen doch recht viel Zeit in Anspruch nahmen, habe ich meine Solo-Sachen erstmal wieder weggelegt und erst Jahre später wieder hervorgeholt. Aus der Zeit damals haben noch so ungefähr fünf Stücke überlebt, die auch in etwa den Grundstein für die Platte bilden: 'Love Is Dead' zum Beispiel gehört definitiv dazu - dieses Stück verkörpert so ziemlich alles, was auf der Platte passiert, sei es musikalisch oder auch inhaltlich."

Obwohl es natürlich schon ein ziemlich dicker Brocken ist, mit einer Aussage wie "Die Liebe ist tot" in ein Album einzusteigen.

"Ja, aber warum nicht? Warum sollte man so tun, als ob es etwas völlig anderes ist? Es ist kein fröhliches Album - ich hasse fröhliche Musik! Absolut! Es gibt so viele Bands in England im Moment, die ich einfach erwürgen möchte. All dieser fröhliche Rock, das ist furchtbar. Ich würde sie am liebsten alle erschießen! Das Leben ist nicht fröhlich. Das Leben ist wirklich deprimierend, trostlos und wirklich einsam, und es gibt zwar Momente der Ausgelassenheit, aber das ist doch keine Fröhlichkeit! In meinem Leben jedenfalls nicht... Darum dachte ich mir, warum sollte man den Hörer meines Albums nicht direkt mit dem ersten Song ins Gesicht treten? Und ich bin sehr stolz auf 'Love Is Dead', denn der Song sagt etwas über die menschliche Verfassung aus."

Nämlich das, was wir bereits in unserer Meldung zum Valentinstag verbreitet haben: Der Song soll so etwas wie eine Hymne für die einsamen, verlorenen Menschen dieser Welt sein, er ist als Dokumentation der Einsamkeit des Lebens zu sehen. Ein Solo-Album beinhaltet natürlich mehr alleinige Verantwortung, keine endlosen Diskussionen mit anderen Bandmitgliedern...

"Es ist sicherlich in dieser Hinsicht einfacher - aber um ehrlich zu sein, habe ich damals zu Suede-Zeiten mehr oder weniger alles in meiner Verantwortung gehabt. Wir haben zwar immer versucht, alles demokratisch zu handhaben, aber als Bernard [Butler] die Band verlassen hatte, war es schon anders. Natürlich hat man als Solo-Künstler eine gewisse Freiheit, aber mit dieser Freiheit tritt auch Verantwortung auf den Plan. Natürlich könnte ich mich jetzt plötzlich dazu entschließen, eine Reggae-Platte zu machen - ob es die richtige Entscheidung wäre, würde in meine Verantwortung fallen, da kann man sich nicht mehr hinter einer Band-Entscheidung verstecken. Es gibt Positives und es gibt Negatives, so ist es nunmal. Und wenn es kritische Meinungen zu meiner Platte gibt, dann muss ich das persönlich nehmen - das ist schon hart genug, das wird auch nicht leichter mit der Zeit. Es ist genauso hart, ein Mädchen auf ein Date einzuladen - und dabei ist es egal, ob man 14 oder 40 ist! Es wird Leute geben, die das Album mögen, und es wird Leute geben, die es nicht leiden können - so ist es nunmal. Aber ich glaube an diese Platte, denn sie besitzt eine Energie, die sich hoffentlich auf viele Leute übertragen lässt."

Wäre denn eigentlich eine solche Solo-Platte schon früher in der bisherigen Musik-Karriere denkbar gewesen, oder hat es diese recht lange Zeit gebraucht, um genügend Selbstvertrauen aufzubauen und den Schritt zu gehen?

"Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen, wie man so schön sagt. Es ist definitiv eine Sache des Selbstvertrauens gewesen. Ich habe mich erst vor Kurzem dazu in der Lage gefühlt, sowohl als Mensch als auch als Musiker diesen Schritt zu wagen - und es ist ein großer Schritt. So viel Kontrolle zu besitzen, ist auf der einen Seite zwar befreiend, aber auf der anderen Seite auch Furcht einflößend. Es hat mir auch sehr geholfen, dass ich inzwischen besser mit der Gitarre umgehen kann - so habe ich z.B. viele Gitarren-Parts auf dem Album übernommen. Es wäre wahrscheinlich sehr interessant gewesen, wenn ich zu Suede-Zeiten eine Solo-Platte gemacht hätte - ich kann mir zwar nicht wirklich vorstellen, wie sie geklungen hätte, aber ich hätte mit Sicherheit etwas gemacht, das sich sehr weit von Suede entfernt hätte. Es wäre auch darauf angekommen, in welcher Suede-Phase sie entstanden wäre... wer weiß?!?"

Das gesteigerte Selbstvertrauen spiegelt sich auch darin wider, dass die Stimme auf dem Album sehr weit vorne im Mix und sehr eindringlich ist, dabei sich aber auch sehr jung anhört...

"Hm, das hört man gerne. Wie wir alle wissen, hatte ich in den 90s mal eine Phase, in der ich sehr viel geraucht habe und überhaupt sehr ungesund gelebt habe - ich bin inzwischen davon losgekommen, und natürlich hat sich diese Zeit auch auf meine Stimme niedergeschlagen. Jetzt lebe ich sehr bewusst und gesund, und das kommt der Stimme natürlich wieder zugute. Ich bin mir auch sehr darüber im Klaren, dass meine Stimme ein Instrument ist, und dass man dieses sehr pfleglich behandeln sollte."

Brett Anderson
Hat es denn eigentlich einen bestimmten Auslöser gegeben, der dazu geführt hat, mehr Selbstvertrauen aufzubauen bzw. aufbauen zu müssen?

"Als sich Suede endgültig aufgelöst haben, hat es diese Frage in meinem Kopf gegeben: 'Was soll ich nun machen?' Ich hatte keinen besonderen Plan, auf einmal saß ich da ohne Band, und es war einfach eine große Leere. Wenn man in einer Band ist, befindet man sich in einer sehr bequemen Lage, alles wird für dich erledigt, man braucht sich keine großen Gedanken zu machen, das Leben planen andere Leute für dich. Dann auf einmal saß ich da: 'Ähm, und was nun?' Niemand mehr da, der Sachen für dich erledigt. Übrigens würde ich dazu aufrufen, dass sich Bands öfters auflösen sollten! Es gibt einfach zu viele Bands da draußen, die uninspirierte Musik machen, und diese Leute sollten mal ihren Band-Rahmen verlassen und etwas anderes machen - diese Erfahrung ist sehr hilfreich und hat bei mir dazu geführt, dass ich den Entstehungsprozess meines Albums sehr genossen habe!"

Also war es keine schwierige Angelegenheit, keine endlosen Nächte mit der Arbeit an einer bestimmten Stelle, bis sie wirklich richtig war?

"Alles, was es sich lohnt zu machen, ist schwierig. Das Paradoxe im Leben ist doch, dass es keine Abkürzung gibt! Das ist doch das Ungesunde an dieser Big Brother-, Lotterie-Kultur, dass die Leute immer nach einer Abkürzung suchen, um ihre Existenz irgendwie glücklicher zu machen. Aber so etwas gibt es einfach nicht! Auch wenn du Lotto-Millionär bist, wirst du in einer Welt der Unzufriedenheit leben - auch wenn du in deiner goldenen Villa in Los Angeles sitzt, gibt es diese völlig andere Welt der Unzufriedenheit als zuvor. Es gibt keine Abkürzungen in Richtung Glücklichsein. Und eine Platte zu machen, ist so etwas wie Mikrokosmos davon - du kannst keine gute Platte ohne ein gewisses Maß an Anstrengung machen. Das ist doch das Schöne daran. Bei gutem Songschreiben geht es darum, einen Teil von dir selbst zu erforschen, zu erarbeiten und herauszufordern. Natürlich war es schon schwierig, das Album zu machen - hart, aber trotzdem sehr angenehm. Ich mag Arbeit - ich mag es, aktiv zu sein, ich kann nichts damit anfangen, herumzusitzen und nichts zu machen. Man sollte immer etwas Neues dazulernen - das habe ich für mich herausgefunden. Für mich gibt es keinen Punkt, an dem ich sagen werde, so, ich habe jetzt alles hinter mir, mehr geht nicht, jetzt setze ich mich zur Ruhe. Man sollte immer darüber nachdenken, was man als Nächstes machen kann."

Unser Vorschlag: Brett Andersons Platte hören und bei Gelegenheit eines seiner Konzerte besuchen!

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Weitere Infos:
www.brettanderson.co.uk
www.myspace.com/brettandersonofficial
Interview: -David Bluhm-
Fotos: -Pressefreigaben-
Brett Anderson
Aktueller Tonträger:
Brett Anderson
(V2/Rough Trade)
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